Grüne Spitzenkandidatin Ingrid Felipe: "Zeit ist reif für Platz zwei in Tirol."
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"Wiener Zeitung": Laut den Umfragen haben die Grünen in Tirol Chancen auf Platz zwei. Ist die Zeit in Tirol reif für die Grünen als zweitstärkste Partei oder entpuppt sich Ihre Partei wieder einmal als Umfragesieger?Ingrid Felipe: Nein, die Zeit ist mehr als reif für Platz zwei. Wir wollen so viele Tirolerinnen und Tiroler wie noch nie davon überzeugen, Grün zu wählen. 50.000 und eine Stimme ist unser Wahlziel. Wenn wir das erreichen, werden wir auch Zweite.
Wie viel wäre das in Prozent?
Das ist relativ schwer zu sagen, da das auch mit der Wahlbeteiligung zusammenhängt. Es werden wohl etwa fünf Mandate sein.
Ist die Zeit in Tirol auch reif für eine grüne Regierungsbeteiligung?
Ich bin ganz klar mit dieser Ansage angetreten, die auch innerhalb der Partei unbestritten ist. Wer in der Politik agiert, will gestalten und etwas verändern. Und das geht am besten in einer Regierung.
Gibt es Koalitionsbedingungen?
Wir haben klare Eckpunkte dargelegt, die wir umsetzen wollen. Etwa eine 180-Grad-Wende in der Umweltpolitik. Wir brauchen einen Stopp des Zerstörens und Verscherbelns unserer Natur. Den Seilschaften, die in Tirol so stark sind, muss ein Riegel vorgeschoben werden. Wir brauchen gesundes, leistbares Essen für alle Menschen in Tirol. Vierter Punkt ist die Transparenz, die weiter ausgebaut werden muss. In Fragen der Mobilität brauchen wir ein Öffi-Ticket für alle um maximal 365 Euro im Jahr. Und in Tirol ein Dauerbrenner ist die Transitbelastung. Da muss endlich etwas passieren, dass die Lärm- und Luftbelastung zurückgedrängt wird.
In der Regierung muss man auch unpopuläre Entscheidungen mittragen, wahrscheinlich auch im Umweltbereich.
Dass Regierungszusammenarbeit nicht heißt, es gibt ein zu hundert Prozent grünes Regierungsprogramm, ist klar. Wir haben aber den Anspruch, dass alle Beteiligten ihre Identität erhalten können, wenn wir in eine Regierungsbeteiligung gehen, und dass man auch unterschiedliche Meinungen vertreten darf.
Es gibt derzeit alle möglichen Planspiele über zukünftige Regierungsformen. Aber es wird wohl zu zweit leichter sein, einen Kompromiss zu finden, als zu viert oder zu fünft.
Oft ist es gut, wenn man vermittelnde Positionen hat oder den Weg aufzeigen kann, den zwei Positionen nicht sehen. Von daher glaube ich, dass man sich auch zu dritt oder zu viert arrangieren kann, wenn es zu zweit nicht geht. Wir werden mit den kon-struktiven Kräften in unserem Land sprechen. Wen wir ausschließen, sind die Freiheitlichen und das Team Stronach.
Im Wahlkampf hört man immer wieder den Ausdruck "System Platter". Gibt es dieses System?
Das undemokratische Verhalten der im Landtag vertretenen ÖVP beim Thema Agrargemeinschaften war bezeichnend. Da wurden Macht- und Besitzverhältnisse gegen eine Mehrheit im Landtag bewahrt. Das hat sehr offensichtlich demonstriert, was dieses System ausmacht. Das hat nichts mit Platter als Person zu tun. Ob er das Mastermind ist, weiß ich nicht. Systeme haben es so an sich, dass man nie genau weiß, wer der Strippenzieher ist. Aber er lässt es zu, und das ist der Vorwurf an ihn. Dass sich in Tirol einige wenige ständig bedienen können, sich daran bereichern können, die Natur zerstören und Gründe verwalten können, wie es ihnen passt. Und die anderen zahlen die Zeche dafür.
Sie haben das Rückübertragungsgesetz zu den Agrargemeinschaften angesprochen, das von der Opposition eingebracht wurde. Dazu gibt es ein zwiespältiges Gutachten des Verfassungsdienstes. Es sagt zwar, dass eine Rückübertragung des Gemeindeguts möglich wäre, das Gesetz so aber nicht beschlussfähig ist. Das unterstreicht die Regierungsfähigkeit nicht unbedingt.
Das Wichtige ist, dass der Verfassungsdienst sagt, die Rückübertragung ist möglich. Die ÖVP hat vehement behauptet, dass der Akt der Rückübertragung verfassungswidrig wäre. Dazu kommt, dass ein paar juristische Feinheiten nicht so ausgeführt sind, wie sie ausgeführt sein sollten. Da wird der Verfassungsdienst recht haben. Deswegen ist es dringend notwendig, dass man einen Entwurf macht, der alle Eckpunkte und Feinheiten berücksichtigt und dass die Gemeinden wieder zu ihrem Eigentum kommen.
Zur Person
Ingrid Felipe
ist Spitzenkandidatin der Grünen für die Landtagswahl in Tirol am 28. April. Die 34-jährige Betriebswirtin tritt erstmals zu Landtagswahlen an. Sie ist seit 2009 grüne Landessprecherin und sitzt seit einem Jahr im Landtag. Die Mutter eines zehnjährigen Sohnes arbeitete zuletzt als Büromanagerin in einem Architekturbüro.