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Den Sozialpartner bleiben nur Appelle Die Entscheidungen treffen andere

Von Walter Hämmerle

Analysen

Mittwoch war wieder einmal ein guter Tag für die Spitzen der heimischen Sozialpartnerschaft: Die Präsidenten von Wirtschafts-, Landwirtschafts- und Arbeiterkammer sowie Gewerkschaftsbund und Industriellenvereinigung (letztere gehört streng genommen nicht zum erlauchten Kreis) durften ihre Ideen für Wachstum und Vollbeschäftigung den Spitzen von SPÖ und ÖVP präsentieren. Und sich anschließend vor versammelten Medien wieder einmal in staatstragende Pose werfen.


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Tatsächlich kann man sich des Eindrucks nicht verwehren, dass sich die Zahl solcher Art inszenierter Medienauftritte umgekehrt proportional zum tatsächlichen Einfluss der Sozialpartner verhält. Wirklich Mächtige drängt es nicht an die Öffentlichkeit.

Die Zeiten, als die schwarze Wirtschaft und die rote Gewerkschaft - um nur die beiden einflussreichsten Sozialpartner zu nennen - hatten in den guten alten Zeiten der Zweiten Republik ein quasi-Vetorecht bei sämtlichen wirtschafts- und sozialpolitischen Entscheidungen der Regierung. Wenig verwunderlich, dass sie von Analytikern des politischen Systems mit dem Titel "Nebenregierung" geadelt wurden.

Das schmeichelte dem Selbstbewusstsein der machtbewussten Herren - Frauen sind bis heute rar -, auch wenn es eigentlich kritisch gemeint war. Immerhin pflegen Österreichs Bürger ein Parlament zu wählen, das für Nebenregierungen gleich welcher Art eigentlich schon aus reinem Eigeninteresse nichts übrig haben sollte.

Der Machtverlust der Sozialpartner kam beileibe nicht über Nacht mit dem Antritt der schwarz-blauen Regierung, vielmehr handelt es sich dabei um eine schleichende Entwicklung seit den 80er Jahren. Schwarz-Blau hat lediglich dem Ruf der Interessensvertreter als Nebenregierung ein Ende gesetzt.

Und auch eine künftige Bundesregierung unter SPÖ-Führung wird das Rad der Zeit nicht mehr zurück drehen. In der SPÖ weiß man sehr genau, dass man sich nie wieder dem innerparteilichen Erpressungspotenzial des ÖGB ausliefern darf, will man die eigene politische Mehrheitsfähigkeit nicht gefährden. Den entscheidenden Hebel dafür lieferten Alfred Gusenbauer die Gewerkschafter selbst: Ohne Bawag-Affäre hätte sich der SPÖ-Vorsitzende kaum mit seiner Forderung "keine Spitzengewerkschafter mehr im SPÖ-Klub" durchsetzen können. Und auch ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel hat in den vergangenen Jahren den innerparteilichen Machtanspruch der schwarzen Bünde zugunsten einer zentraleren, strafferen Führung gebändigt.

Bemerkenswerterweise ist der faktische Einflussverlust der Sozialpartner an einer breiten Öffentlichkeit gleichsam spurlos vorübergegangen: Die Interessensvertreter sonnen sich in hervorragenden Umfragewerten und höchster Akzeptanz. Damit ähneln sie in gewisser Weise dem Bundespräsidenten. Auch er kann in aller Regel nur appellieren - die Entscheidungen treffen andere.