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"Den typischen urbanen Gärtner gibt es nicht"

Von Eva Zelechowski

Das Beet
Jeder und jede kann mitgarteln. Voraussetzung sind die Bereitschaft zu liebevoller Pflege und regelmäßigem Gießen.
© WZ / Eva Zelechowski

In den 70-ern aufgekommen ist Urban Gardening heute weltweit etabliert. In Wien ist das Erschließen neuer Gemeinschaftsbeete noch zu bürokratisch. Aber es wird.


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Manfred Schwaba sitzt vor einem Baum, auf dem zwei Bienenhotels angenagelt sind. Hinter ihm schlecken zwei Hunde am Restwasser in einem Mosaik-Brunnen. Der Mitarbeiter der Gebietsbetreuung für die Wiener Gemeindebezirke 7/8/16 hat sich zum Video-Interview mit der "Wiener Zeitung" getroffen. Dabei gibt er Einblicke in die Urban Gardening-Traditionen in Wien und erzählt, vor welche Herausforderungen urbanes Garteln in der österreichischen Hauptstadt gestellt ist, was zu beachten ist und was überhaupt nicht geht.

Die ersten zarten Pflänzchen des heute weltweit etablierten Guerilla Gardening wurden in den 70er Jahren in New York gesät. Flächen, die nicht der Stadt gehörten, wurden in Community-Gärten verwandelt. Das Ziel: Bürger sollten selbst Gemüse anbauen können. "In Wien entstand 2008 das erste Urban Gardening-Projekt in der Heigerleinstraße in Ottakring", erzählt Manfred Schwaba. Auf die Beine gestellt hat es die Künstlergruppe "Gartenpolylog" im Rahmen des Kultur-Events SOHO. Weitere Grätzl-Initiativen folgten nach und begrünten immer mehr Straßenecken mit Beeten, die Bürgerinnen und Bürgern seither kostenlos zur Verfügung stehen.

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Erfahrungsgemäß zeigte sich, dass die Nachbarschaftsbeete am besten funktioniert, wenn die Personen direkt in der Umgebung wohnen. In ganz Wien gibt es rund 60 solcher Community-Gärten. Es werden auch Patenschaften für Baumscheiben vergeben. Das sind die kleinen Grünflächen rund um Bäume, die man bebeeten kann. Wien nimmt aufgrund seiner Verwaltungsstruktur mehr Nachzügler- als Vorreiter-Rolle ein. "Es gibt nicht viele Brachflächen. Leichter geht Guerilla Gardening in Städten wie London, wo es viel mehr leere Flächen gibt, um die sich keiner kümmert", so Schwaba. Die Räume in der österreichischen Hauptstadt seien in der Hand von Organisationen und Magistraten. Projekte etablieren sich erst mit der Zeit, die Kooperation funktioniere nach den ersten Anlaufschwierigkeiten dann ganz gut.

Wie kommt man nun zu einem Beet? "Bei uns laufen die Fäden zusammen und wir helfen zu vermitteln, da wir wissen, wo etwas frei ist", sagt Schwaba. Im sehr dicht besiedelten Bezirk Ottakring gebe es nicht so viele Beete, weil es nicht so viele Freiräume gebe. Da es sich um öffentliche Flächen handle, könne man nur begrenzt privat gärtnern. Den typischen urbanen Gärtner gibt es nicht. Engagiert zeigen sich Vereine wie "Jugend am Werk" oder "Die Kinderfreunde" und einfach Städter, die keinen Garten haben. Darunter viele Mütter, die ihren Sprösslingen das Gärtnern näher bringen möchten.

Harmonie in der Botanik

Ein "rechtsfreier Raum" ist das urbane Beet nicht. So gibt es einige Regeln, die eingehalten werden sollten. Es dürfe etwa nicht eingezäunt werden. "Das Anpflanzen von Gemüse und Kräutern ist eigentlich auch nicht erlaubt. Aus Gesundheitsgründen, denn man weiß nie, ob sich nicht ein Hund erleichtert hat", sagt Manfred Schwaba. Hundehauferl finden urbane Gärtner natürlich immer wieder neben oder zwischen ihren Pflanzen. Ansonsten funktioniere das Zusammenleben zwischen Hund, Mensch und Natur gut.

Hundebesitzer seien sehr willkommene urbane Gärtner, denn sie könnten gut vermitteln. Von Reibereien sei Manfred Schwaba aber nichts bekannt. Genauso wenig wie von illegalen Hanf-Plantagen. "Sehr, sehr hoch" sei in Wien nämlich laut Schwaba die soziale Kontrolle. Schnell ruft jemand an und beschwert sich.

Zur Pflege gehört natürlich auch das Gießen. Manche Beete seien idealerweise neben Brunnen angelegt oder in der Nachbarschaft erklären sich Geschäftsbetreiber bereit, die Gärtner mit Wasser zu versorgen, dass diese mit Gießkannen zu ihnen kommen können. Der Mehrwert von Community-Gärten geht längst über die botanische Ebene hinaus, auch die soziale Interaktion und der pädagogische Charakter sind nicht zu unterschätzen. "Die unterschiedlichsten Leute sitzen gemeinsam am Bankerl und genießen die Grünoasen. Besonders in zuwanderungsstarken Bezirken wie Ottakring bieten sich Gemeinschaftsgärten für interkulturellen Austausch an." Und die Zukunft von Urban Gardening in Wien? Die sieht rosig aus. Im Rahmen neuer Wohnbauprojekte und Parkumgestaltungen wird sehr oft vom Wunsch nach Nachbarschafts- oder Gemeinschaftsgärten gesprochen.

Gebietsbetreuung