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Denken, ein Luxus

Von Christina Böck

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Vor zwei Jahren im Museum of Modern Art in New York: Es hat einiges an Courage bedurft, sich in Marina Abramovic’ Ausstellung "The Artist is present" dem Highlight der Show anzunähern. Das lag nicht nur daran, dass man durch ein Spalier von nackten Menschen musste. Das lag vor allem an dem besonderen Exponat, das die Künstlerin selbst war: Marina Abramovic saß an einem Tisch und jeder, der wollte oder eben den Mut dazu hatte, konnte sich zu ihr setzen. Und sich von ihr anschweigen lassen. Es ist sehr selten, dass Kunst so direkt mit seinem Betrachter in "Dialog" tritt. Das passiert noch am ehesten in Galerien - nicht ohne Grund ist man auch da immer wieder auf der Suche nach zündenden Ideen, die Schwellenangst von Neukunden zu verringern.

Überwindung, Mut, Angst? Muss man sich vor Kunst wirklich fürchten? Wenn das so ist, dann lädt das Essl Museum zum "Little Shop of Horrors". Da startet heute das Projekt "Silence". Es braucht eine Voranmeldung, denn man ist in einem 600-Quadratmeter-Raum allein mit zwei Kunstwerken und "bequemen Sitzmöbeln". Eine Stunde lang.

In Zeiten der Blockbuster-Ausstellungen, in denen man sich ein paar Minuten Klimt oder Leonardo stehlen kann, ist das nachgerade revolutionär. Denn was ist schon ein größerer Luxus, als einmal Zeit zum Denken zu haben. Wem eine ganze Stunde jetzt trotz "bequemer Sitzmöbel" doch gar lang vorkommt, der sei beruhigt. Wer früher mit der Kontemplation fertig ist, wird auch nicht festgehalten. "Wir haben keinen Alarm oder so", so die Entwarnung aus Klosterneuburg.