Linke Parteien und Front National im Aufwind. | Paris. Nach der bitteren Niederlage in der ersten Runde der französischen Regionalwahlen bemüht sich das Regierungsbündnis von Präsident Nicolas Sarkozy um Schadensbegrenzung.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Die Wahlen zur Halbzeit eines Mandats sind immer schwierig. In der zweiten Runde ist noch alles möglich", sagte der Staatschef nach einem Bericht der Pariser Tageszeitung "Le Parisien". Auch andere Spitzenpolitiker seiner konservativen UMP (Union für eine Volksbewegung) gaben Durchhalteparolen aus.
Viele Beobachter hatten die Wahlen schon im Voraus als Referendum über die Politik Sarkozys eingestuft. Nach den jüngsten Zahlen des Innenministeriums stimmten nur 26 Prozent der Wähler am Sonntag für die UMP. Sie geht damit nahezu chancenlos in die zweite Wahlrunde in einer Woche. Sogar das Elsass, eine der letzten beiden UMP-Bastionen auf regionaler Ebene, ist der UMP nicht mehr sicher.
UMP-Generalsekretär Xavier Bertrand betonte, dass es angesichts der geringen Wahlbeteiligung noch Stimm-Reserven gebe. Sie könnten in der kommenden Woche beim zweiten Wahldurchgang (21. März) ausschlaggebend sein, sagte er am Montag. "Alles ist offen", sagte auch Premier Francois Fillon.
Insgesamt waren mehr als 44 Millionen Franzosen aufgerufen, über die Zusammensetzung der 26 Regionalparlamente zu entscheiden. Mehr als jeder zweite Stimmberechtigte blieb allerdings zu Hause. Die Wahlbeteiligung fiel auf ein Rekordtief von nur 46 Prozent.
Die Sozialistische Partei (PS) und andere linken Gruppen, die aufgerufen hatten, Sarkozy für seine Politik abzustrafen, holten bei der als wichtiger Stimmungstest geltenden Wahl zusammen mehr als 53 Prozent. PS-Chefin Martine Aubry sagte, die Franzosen hätten ihrem Wunsch "nach einem gerechteren und stärkeren Frankreich" Ausdruck verliehen.
Die Sozialisten kamen allein auf 29 Prozent. Sie sind allerdings fast überall auf die Unterstützung der grünen Listen von Europe Ecologie angewiesen, für die knapp 13 Prozent der Wähler stimmten. Die Konservativen rund um die UMP schafften es mit möglichen Bündnispartnern dagegen nur auf etwa 39 Prozent. Nun wird in allen 22 Regionen auf dem französischen Festland eine Mehrheit der Linken für möglich gehalten. Bereits 2004 waren sie in 20 dieser Regionen erfolgreich.
Nach einem von Debatten um den schwersten Wirtschaftsabschwung seit dem Zweiten Weltkrieg, hoher Arbeitslosigkeit, Einwanderungspolitik und dem Anstieg der muslimischen Bevölkerung geprägten Wahlkampf wurde landesweit das gute Abschneiden der rechtsextremen Front National (FN) als beunruhigend gewertet. Die Listen von Parteiführer Jean-Marie Le Pen holten mit knapp 12 Prozent fast so viele Stimmen wie die Grünen.
Sozialisten-Chefin Aubry machte am Montag Präsident Sarkozy dafür mitverantwortlich. Die von ihm angestoßene Debatte über die Nationale Identität habe den Rechtsextremen in Frankreich wieder die Tür geöffnet. Le Pen sagte im Fernsehen, seine Partei habe gezeigt, dass die Nationale Front weder "verschwunden, tot, noch begraben" sei. Dazu hielt er ein Plakat mit der Parole "Nein zum Islamismus" in die Höhe.
Der Erfolg der Front National ist insofern ein Problem für Sarkozy, weil die rechtsextreme Partei einen Zusammenschluss mit der UMP im zweiten Wahlgang ausgeschlossen hat und nun in allen zwölf Regionen erneut antreten will, in denen sie sich für die zweite Runde qualifiziert habe, wie FN-Vizepräsidentin Marine Le Pen im Sender France-Info ankündigte.
Für die Konservativen wird es damit schwerer, FN-Wähler abzuwerben. Die Sozialisten können dagegen auf Bündnisse mit den Grünen und kleineren Linksparteien setzen. Die stärkste Liste erhält bei der Stichwahl zusätzlich zu den Abgeordneten, die ihr nach dem Verhältniswahlrecht zustehen, noch einmal 25 Prozent der insgesamt 1.880 Sitze in den Regionalräten.