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Denn er weiß nicht, was er tut

Von Siobhán Geets und Michael Schmölzer

Politik

Die Comey-Affäre wird zum Fiasko für Donald Trump. Aber kann sie ihm auch nachhaltig schaden?


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Washington. Ist US-Präsident Donald Trump mit der Entlassung James Comeys zu weit gegangen? Jedenfalls wird der Fall des gefeuerten FBI-Chefs für das Weiße Haus zum Fiasko. Trump und sein zunehmend verzweifeltes Team verheddern sich am laufenden Band in Widersprüche. Wie könnte es nun weitergehen?

Wie gefährlich können Trump seine Russland-Connections werden?

Viele Experten sind er Ansicht, dass Trump mit der Entlassung Comeys einen folgenschweren Fehler begangen hat. Es drängt sich der Eindruck auf, dass er etwas zu verbergen hat. Mit Comeys Entfernung werden die Ermittlungen in dieser Sache nicht gestoppt, ganz im Gegenteil. Der Kongress untersucht die Sache nachdrücklicher denn je, auch Republikaner wollen Klarheit. Das US-Justizministerium könnte einen Sonderermittler einsetzen.

Wie wahrscheinlich ist es, dass Trump seines Amtes enthoben wird?

Viele hoffen es, die wenigsten glauben derzeit daran. Allerdings meinen namhafte Beobachter, dass das politische Aus Trumps in absehbarer Zeit bevorsteht.

So ist etwa Allan J. Lichtman von der American University in Washington überzeugt, dass Trumps Impeachment-Verfahren gar nicht mehr aufgehalten werden kann. Der Politologe, der seit 33 Jahren verlässlich voraussagt, wer die US-Wahlen gewinnen wird und auch bei Trumps Sieg richtig lag, untermauert seine Argumente anhand mehrerer Fälle.

Am gefährlichsten aber könnte dem 45. Präsidenten der USA "das russische Damoklesschwert werden, das über ihm hängt". Der einzige Grund für Trump, FBI-Chef Comey zu feuern sei, dass dieser "viel zu nahe dran war, belastendes Material über betrügerische Absprachen zwischen Trumps Team und den Russen zu enthüllen".

Waren es tatsächlich die Russen, die Hillary Clintons Mails hackten und sollte Trump davon gewusst haben, dann hatte er sich schuldig gemacht, Verrat nicht zu melden - was ein Amtsenthebungsverfahren rechtfertigen würde.

Wie würde so ein Impeachment ablaufen?

Der US-Präsident ist nicht dem Parlament, sondern dem Gesetz verantwortlich. Besteht der Verdacht, dass er sich des Landesverrats, der Korruption oder einer anderen "schweren Straftat" schuldig gemacht hat, kann ein Impeachment eingeleitet werden.

Zuerst müsste das US-Justizministerium die Vorwürfe untersuchen und das Ergebnis anschließend dem Rechtsausschuss des Repräsentantenhauses vorlegen. Befindet dieser, dass die Ergebnisse für die Einleitung eines Verfahrens ausreichend sind, werden die Gründe für die Einleitung des Verfahrens klar definiert und dann den Abgeordneten vorgelegt. Stimmt eine Mehrheit im Repräsentantenhaus der Amtsenthebung zu, wird ein Sondergericht des Senats befasst. Dort kann der US-Präsident mit einer Zweidrittelmehrheit abgesetzt werden.

War ein Impeachment schon einmal erfolgreich?

Nein, das war seit der Unabhängigkeit der USA noch nie der Fall. US-Präsident Richard Nixon stand 1974 in der Watergate-Affäre kurz davor, kam einer Amtsenthebung aber durch seinen Rücktritt zuvor. Gegen Bill Clinton wurde 1999 ein Verfahren eingeleitet. Als Grund wurde eine angebliche Falschaussage unter Eid über sein Verhältnis zur Praktikantin Monica Lewinsky angegeben.

Das Verfahren endete mit Freispruch. Auch das erste Impeachment in der US-Geschichte, jenes gegen Andrew Johnson im Jahr 1868, war nicht erfolgreich. Es fehlte am Ende allerdings nur eine Stimme. Johnson soll bei der Besetzung von Ministerposten den Kongress übergangen haben.

Gesetzt den Fall, Trump wird abgesetzt. Wer würde dann Präsident?

Laut Verfassung folgt dann der Vizepräsident nach. Das wäre Trumps Stellvertreter Mike Pence. Neuwahlen sind nicht vorgesehen. Ist auch der Vizepräsident nicht in der Lage, das höchste politische Amt zu übernehmen, folgt der Sprecher des Repräsentantenhauses kommissarisch.

Stehen die Republikaner noch hinter Trump?

Einflussreiche republikanische Senatoren wie Lindsey Graham oder John McCain meinen, dass an der Sache etwas faul sein könnte und wollen Licht ins Dunkel bringen. So meinte McCain gegenüber CNN: "Wenn man eine der respektabelsten Persönlichkeiten in Amerika feuert, braucht man dafür eine exzellente Begründung - und die habe ich bisher noch nicht gesehen."

Nach dem Wahlsieg haben sich die Republikaner zwar hinter Trump versammelt. Es ist aber gut möglich, dass eine Mehrheit seiner Präsidentschaft ein Ende bereiten will, sollte sich weiter Panne an Panne reihen.

Spricht sich Trump mit seinem Team ab oder agiert er auf eigene Faust?

In Trumps Team herrscht komplettes Chaos. Der 45. US-Präsident scheint willkürlich, autoritär und je nach Laune zu agieren - was es seinen Leuten schwer macht, ihn nach Außen hin zu vertreten. So machten Trumps Sprecher Sean Spicer und Sarah Sanders auch in der Comey-Affäre widersprüchliche und im Nachhinein falsche Angaben. Nach dessen Entlassung hatten sie behauptet, dass Trump seit Monaten kein Vertrauen mehr zu dem FBI-Chef gehabt habe.

Wenig später deutete Trump selbst einen Zusammenhang zwischen der Entlassung und den Russland-Ermittlungen an - und widersprach damit auch der bisherigen offiziellen Version, wonach er mit dem Rauswurf auf eine Empfehlung des Justizministeriums reagiert hatte.

Am Freitag versuchte Trump dann, diese Diskrepanz zu begründen: Er sei ein sehr aktiver Präsident, viele Dinge geschähen, schrieb er auf Twitter. "Es ist meinen Stellvertretern nicht möglich, mit perfekter Präzision auf dem Podium zu stehen!"