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Das Parteiengesetz könnte wirkungsvoller sein, als viele derzeit glauben - und es stellt vor allem die Großparteien vor Finanzierungsprobleme.
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Wien. Am 3. März des Vorjahres ist die Ära der Verschwendung in Kärnten zu Ende gegangen. Wobei: eigentlich schon davor. Denn es war ein untypischer Wahlkampf für österreichische Verhältnisse. Es gab so gut wie gar keine Plakate, was vor allem für Kärnten durchaus bemerkenswert war. Denn Kärnten war zumindest in jüngerer Vergangenheit eines jener Bundesländer, in denen der Landeshauptmann das ganze Jahr über von Werbetafeln grüßte.
Die Stimmung drehte sich aber fundamental, wie die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle von der Fachhochschule in Klagenfurt erzählt. "Die Plakate wurden als Verschwendung empfunden." Auf einmal zählte nicht mehr, was davor noch Erfolgsmuster war. Eine allgegenwärtige Präsenz wäre nach hinten los gegangen. Wer plakatierte, verlor.
Von 500.000 bis 9 Millionen
Deshalb hatten sich auch SPÖ, ÖVP und Grüne im Vorfeld auf eine Wahlkostenbeschränkung von maximal 500.000 Euro geeinigt. Mehr oder weniger hielten sich alle daran, die Überschreitungen bei den Freiheitlichen und der SPÖ waren relativ gering. Und in Salzburg, wo die Parteien ebenfalls ein Gentlemen’s Agreement eingegangen waren, blieben sämtliche Fraktionen unter der Obergrenze von dort einer Million.
Doch es geht auch anders. Das Gesetz erlaubt bei Landtagswahlen prinzipiell genauso bis zu sieben Millionen Euro für Werbeausgaben wie bei bundesweiten Wahlen. Doch nicht einmal das reichte für Niederösterreichs ÖVP. Der Wahlkampf für Landeshauptmann Erwin Pröll kostete 8,9 Millionen Euro. Das war in etwa so viel, wie alle anderen Parteien bei der niederösterreichischen Landtagswahl verwendeten. Und im Vergleich zu Kärnten nimmt sich dieser Betrag geradezu als Absurdität aus - allerdings war eben Kärnten die Besonderheit, nicht Niederösterreich.
Das Urassen hat in Österreich Tradition, die Ausgaben für den Wahlkampf sind etwa im Vergleich zu Deutschland - gemessen an der Größe des Landes - enorm. Wie auch die Überschreitungen bei den Nationalratswahlen zeigten, hat sich das zwar noch nicht radikal geändert, doch es ist anzunehmen, dass dies passieren wird. Und zwar aus einem ganz simplen Grund. Den Parteien, vor allem der SPÖ und der ÖVP, geht das Geld aus.
Teures Super-Wahljahr
In gewisser Weise sind sie selbst dafür verantwortlich, denn sie haben das Parteiengesetz 2012 beschlossen. "Aber die Verschärfungen sind von uns gekommen", sagt der grüne Abgeordnete Dieter Brosz. Der öffentliche Druck und jener der Opposition war ausschlaggebend für dieses Gesetz, das nicht nur die Wahlkampfkosten beschränkt, sondern auch die Finanzierung der Parteien regelt.
Zwar konnten sich SPÖ und ÖVP knapp vor Inkrafttreten des Gesetzes noch einmal entschulden, doch gilt es als sicher, dass sie nun wieder tiefrote Zahlen melden werden. Solche Wahljahre wie 2013 gehen massiv ins Geld, der Unterschied zu früher: Die Refinanzierung ist deutlich schwieriger geworden.
Das hat auch, aber nicht nur, mit dem Parteiengesetz zu tun. Denn auch Kredite sind nicht mehr so leicht zu bekommen. "Einerseits wegen der Banken, andererseits können Parteien eben auch ordentliche Verluste machen", sagt Stainer-Hämmerle. Die FPK in Kärnten oder die SPÖ in Salzburg sind Beispiele dafür. Durch die Mobilität der Wähler kann man Kredite nicht mehr wie früher mit zukünftigen Förderungen besichern, was gängige Praxis war. "Zu Kreisky-Zeiten waren 80 Prozent Stammwähler", sagt der Politologe Peter Filzmaier.
Auch strengere Transparenzregeln erschweren eine Budgetsanierung. Denn alle Geschenke über 50.000 Euro müssen sofort dem Rechnungshof gemeldet werden, andernfalls drohen hohe Strafen. Da aber in Österreich Gönner von politischen Parteien meist nicht genannt werden wollen, wird das Geld hier auch nicht mehr so wie früher fließen.
Filzmaier vermutet, dass die Koalitionsparteien die Auswirkungen dieses Gesetzes unterschätzt haben. "Die Parteien sind zwar auch zu Unternehmen geworden, aber dennoch werden alle zuerst darin geschult, politisch zu denken", sagt Filzmaier. Das sei zwar prinzipiell nicht verwerflich, in Wahlkampfzeiten könne das aber problematisch werden. So ist anzunehmen, dass sich alle Parteien an diese Obergrenze von sieben Millionen Euro halten wollten. Ein Wahlkampf hat dann eben auch noch einmal eine ganz spezielle Dynamik.
Parteien mit Strukturproblem
In wenigen Wochen wird man über die Finanzen der Parteien besser Bescheid wissen, wenn die Berichte für das Jahr 2013 vom Rechnungshof veröffentlicht werden. Für SPÖ und ÖVP werden sich aber bald womöglich sehr grundsätzliche Fragen stellen. Denn die Erosion dieser ehemaligen Großparteien geht ins Geld, auch wenn die Parteienförderung mit dem neuen Gesetz auf 4,6 Euro pro Wähler erhöht wurde. Doch auf der anderen Seite wurde die Rückerstattung der Wahlkampfkosten gestrichen und zudem ist eben die Refinanzierung schwieriger geworden.
"Die Parteien haben das Problem, dass Einnahmen und Ausgaben diametral auseinanderdriften", sagt Stainer-Hämmerle. Die logische Konsequenz aus der Sicht von Filzmaier: "Die Lösung wäre, die Parteienstruktur umzukrempeln. Die Finanzierung des gesamten Apparats von ÖVP und SPÖ ist sehr kostspielig, aber da hat man politisch noch gar nichts gemacht." Filzmaier verweist auf die FPÖ, die mittlerweile ähnlich groß geworden ist wie die Koalitionsparteien und auch entsprechend hohe Förderungen bekommt. Allerdings unterhalten die Freiheitlichen bei Weitem nicht so verästelte Strukturen, sie investieren ihr Geld vorrangig in Kampagnen.
Erhöhung der Förderung?
Erst in einem Jahr, wenn die 2014er-Berichte publiziert werden, wird man sehen, inwieweit sich die Parteien in diesem eher ruhigen Jahr entschulden konnten. Sollte es nicht kaum gelungen sein, bliebe noch die Option, die Förderungen zu erhöhen.
Laut Gesetz ist pro Wähler eine Bandbreite von 3,10 bis 11 Euro möglich. Bei den derzeit gültigen 4,6 Euro ist also noch viel Luft nach oben. Doch das können sich weder Stainer-Hämmerle noch Filzmaier und Brosz vorstellen. Der öffentliche Widerstand dagegen wäre zu groß. "Ich glaube", sagt Filzmaier, "man hat die Komplexität des Gesetzes unterschätzt." Ist ausgerechnet Kärnten eine Hoffnung? Das Land, in dem es plötzlich darum ging, kein Geld für Werbung auszugeben?