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Der Absprung eines Großen

Von Christian Mayr

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Es wäre eine Überraschung, wenn Thomas Morgenstern am Freitag etwas anderes als seinen Rücktritt vom Skisprung-Sport verkünden würde. Dazu ist die gewählte Bühne zu groß, dazu sind die bereits durchgesickerten Hinweise an die Presse zu eindeutig. So wie vor drei Wochen Slalom-Ass Marlies Schild, die im Wiener Uniqa-Tower ihren tränenreichen Abschied mitgeteilt hatte, dürfte auch Morgenstern im Salzburger Hangar 7 eine spektakuläre Kulisse für seinen letzten Auftritt gewählt haben. Wenn es so kommt, dann kommt es alles andere als unerwartet - auch, wenn der Kärntner erst 27 ist und die besten Jahren vielleicht noch vor sich gehabt hätte. Aber nach all dem, was er in den vergangenen Monaten erlebt hat, dann kann Morgenstern froh sein, dass er halbwegs gesund in sein Post-Sportlerleben eintreten darf. Wir erinnern uns: Just am Tag, nachdem er mit einem Sieg in Titisee den mühsamen Gang aus seiner Formkrise gefunden hatte, fabrizierte er auf selber Schanze einen Horrorsturz. Glimpflich davongekommen, schafft er es bei der Vierschanzentournee auf Rang zwei, ehe er kurz darauf die wohl dunkelste Stunde in seinem Springdasein erlebte: Sein Sturz auf der Kulmer Flugschanze hätte ohne Schutzengel auch auf der Pathologie enden können. Doch Morgenstern hatte Glück im Unglück, kämpfte sich sogar für Olympia zurück, wo er mit dem (kriselnden) Team Silber holte. Die letzte Medaille in seiner riesigen Sammlung: Drei Mal Gold bei Olympia (2006 im Einzel), mehr als ein Dutzend Mal Edelmetall bei Titelkämpfen, dazu holte er zwei Mal den Gesamtweltcup und ein Mal die Tournee. Mehr zu gewinnen gab und gibt es nicht in dieser Sportart. Für Morgenstern gab es letztlich fast nur noch etwas zu verlieren - nämlich seine Gesundheit. Ein unkalkulierbares Risiko, dem er sich künftig wohl nicht mehr aussetzen muss.