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Der amerikanische Freund

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Die Vereinigten Staaten werden in Europa gerne und oft als Vorbild genannt. Sie erlauben den Bundesstaaten große Freiheiten, treten aber in der Welt (zu Recht) als Supermacht auf. Die Europäische Union ist in Bezug auf die Kaufkraft Weltmeister, aber als Supermacht versagt sie völlig. Daher verdienen US-Konzerne in Europa zwar sehr viel Geld, umgekehrt hält es sich jedoch in Grenzen.

Und wie immer verfolgen die USA bei ihren diversen Zielen vor allem egoistische Ziele. Europa müsse stärker wachsen, sagt die US-Politik. Damit wir weiterhin in Europa Abermilliarden Dollar verdienen können, ergänzt die US-Industrie stillschweigend.

In der zweiten Amtszeit von US-Präsident Barack Obama haben sich die USA indes stärker die EU angenähert als umgekehrt. Der Budgetstreit zwischen Demokraten und Republikanern führte eine Zeit lang zu einer Pattsituation, die wir politisch auch aus Brüssel gut kennen. Dafür haben auf der positiven Seite die USA eine allgemeine Krankenversicherung eingeführt (Obamacare), die für Europäer zwar selbstverständlich klingt, für die USA aber eine nachhaltige Veränderung darstellt.

Nicht nur gesellschaftlich, sondern auch politisch. Von dieser Versicherung profitieren vor allem ärmere Bevölkerungsschichten in den USA, also nicht die gehobene Mittelschicht, bestehend aus weißen Männern mittleren Alters. Die werden immer weniger, und mit ihnen schrumpft die Wählerklientel der Republikaner. Wenn - was in den USA allgemein erwartet wird - Hillary Clinton nicht nur ins Nachfolgerennen um das Präsidentenamt einsteigt (es gibt keine dritte Wiederwahlmöglichkeit für US-Präsidenten), sondern auch tatsächlich als demokratische Präsidentschaftskandidatin gewählt wird, hat sie beste Chancen zu gewinnen.

Die Republikaner reiben sich unterdessen im Infight mit der reaktionären Tea Party auf, ihre politischen Talente bleiben lieber in den Bundesstaaten, als im Kampf um Washington politisch zu verglühen. Auch wenn also nun im Zuge der Irak-Krise die Beliebtheitswerte von Präsident Obama nach unten gehen, so haben die Demokraten doch die besseren politischen Karten. Außer, der zarte Aufschwung in den USA verflüchtigt sich wieder. Doch das wird wohl die US-Notenbank mit vielen Dollars weiterhin zu verhindern wissen.