Er war berühmt für die Aussage "Ulster sagt Nein". Doch gestern, Montag, sagte Ian Paisley doch endlich "Ja" zu einer gemeinsamen Regierung mit dem katholischen Erzfeind Sinn Fein.
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Die von der britischen und irischen Regierung gesetzte absolut letzte Deadline hält die protestantische DUP dennoch nicht ein. "Ulster lässt sich überreden, aber nicht treiben", meinte der bekannt sture Parteiführer Paisley und entschloss sich, die für Montag geforderte Regierungsbildung noch einmal um sechs Wochen hinauszuschieben. Das verlangte wohl schon allein sein Ruf als konsequenter Nein-Sager, mit dem er sich über Jahrzehnte hin das Vertrauen der nordirischen Protestanten gesichert hatte.
Immerhin demonstrierten die Democratic Unionist Party und Sinn Fein nun öffentlich ihren Willen zur Zusammenarbeit: In einer gemeinsamen Pressekonferenz saßen Ian Paisley und Gerry Adams erstmals gemeinsam an einem Tisch. Zu einem Händeschütteln hatte es noch nicht gereicht. Und herzlichen Blickkontakt gab es auch nicht. Aber es war ein Anfang.
Der Geldsegen half
Die britische Regierung hatte in diesem Endspurt seit den Wahlen am 7. März ihre stärksten Trümpfe ausgespielt. Blair lockte mit 35 Milliarden Pfund für die neue Lokalregierung, Kanzler Gordon Brown legte letzte Woche noch eine Extramilliarde drauf. Zum Schluss sandte Westminster die Drohung, auch in Nordirland umgehend neue Wassergebühren einzuführen - ein Streitthema, das die Bevölkerung schon seit Jahren gegen die Blair-Regierung aufbrachte. Nicht einmal Ian Paisley konnte es sich leisten, schuld an neuen Wassergebühren zu sein.
Die Häuptlinge der verfeindeten Stämme demonstrieren also endlich Kompromissbereitschaft. Nun geht es darum, auch die zweigeteilte Gesellschaft zu vereinen. Denn gerade in den letzten Wahlen zeigte die Bevölkerung erneut, wie sehr sich jeder Einzelne immer wieder auf seine eigene Seite schlägt. Katholiken wählten die republikanische Sinn Fein, Protestanten die extrem-unionistische DUP. Denn nur von den kämpferischen Parteien fühlten sich die Wähler auf beiden Seiten kompetent vertreten. Die moderaten Parteien SDLP und UUP verloren schon vor Jahren das Vertrauen ihrer Wähler, als sie zu viele Kompromisse mit "dem Feind" eingegangen waren.
Doch genau solche Kompromisse werden in Zukunft wieder an der Tagesordnung stehen. Die nächsten Jahre dürften für Gerry Adams und Ian Paisley ein Balance-Akt werden: Wenn diese Koalitionsregierung funktionieren soll, müssen sie einander Zugeständnisse machen. Gleichzeitig müssen sie ihren Wählern diese Zugeständnisse als eigenen Gewinn verkaufen. Denn unzufriedene Extremisten haben sicherlich noch einige Feuerbomben im Keller.
Ian Paisley war am Montag optimistisch: "Wir tauchen aus einer dunklen Periode auf." Diesmal hoffentlich wirklich. Seite 7