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Spekulationen um Gründung einer neuen Partei in Ungarn. | Budapest. Verwirrung auf der politischen Bühne in Ungarn: Während seit einiger Zeit über eine bevorstehende Spaltung der Sozialisten-Fraktion spekuliert wird, hätten nach Medienberichten auf einer Parteisitzung alle Abgeordneten bekundet, auch weiterhin in der MSZP bleiben zu wollen. Es sei "ausgeschlossen", dass eines der Fraktionsmitglieder eine neue Partei gründe.
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Das hat allerdings zu Wochenbeginn der frühere sozialistische Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany angekündigt. Er wolle eine neue Plattform für linksliberale Kräfte schaffen, die "Demokratische Partei".
Auch wenn das Programm oder die Erfolgsaussichten unklar sind: Es wäre schon eine Sensation, wenn sich in Ungarn, wo Viktor Orbans rechtskonservativer Fidesz dominiert, überhaupt eine neue politische Kraft formiert. Die linksliberale Tageszeitung "Nepszabadsag" spürte sogar das allererste Parteimitglied auf. Dessen Aussagen waren zwar inhaltlich nicht sonderlich ergiebig. Seine genüssliche Beschreibung von zwölf unabhängigen Mannen, die sich seit Februar in Budapest daran machen, die politische Szene aufzurollen, machte trotzdem weit über die ungarische Hauptstadt hinaus die Runde.
Attila Mesterhazy, einst von Gyurcsany zum Staatssekretär befördert und heute Partei- und Fraktionsvorsitzender der sozialistischen MSZP, sowie Regierungschef Orban verfolgen die jüngsten Entwicklungen gleichermaßen mit Unbehagen, wenn auch aus unterschiedlichen Beweggründen. Mesterhazy, der bei den Parlamentswahlen im Vorjahr die größte historische Niederlage der MSZP einfuhr, muss nun befürchten, dass - entgegen den derzeitigen Beteuerungen - die wenigen Zugpferde der Partei, auf die er seit dem Machtwechsel überhaupt noch setzen kann, alsbald zum charismatischen Gyurcsany überlaufen, womit ihm selbst ein rasches Karriere-Aus drohen würde.
Herausforderung 2014
Orban wiederum setzt seit seinem Wahlsieg alles daran, den Kommunismus und dessen mutmaßliche politische Nachfahren, allen voran Gyurcsany, zu verdammen. Er muss nun verhindern, dass sich Gyurcsany als von Grund auf geläuterter Zeitgenosse profiliert.
Die Gründung der Plattform an sich wäre nicht überraschend: Mit einem größer angelegten Spaltungsversuch innerhalb der MSZP rechnen Beobachter schon seit Ende März 2009. Damals erklärte Gyurcsany zunächst seinen Rücktritt vom Amt des Premiers, kurz darauf auch als MSZP-Vorsitzender. Er gab zu, die Bevölkerung über die wirtschaftliche Lage des Landes belogen zu haben.
In seinen Abschiedsreden betonte er immer wieder, nicht die nächsten Parlamentswahlen im Jahr 2010 seien die eigentliche Herausforderung für die Partei, sondern die Wahlen 2014. Bis dahin müsse sich die MSZP von Grund auf ändern, wenn sie sich denn in der Zukunft behaupten wolle. Er meinte damit offenbar einen Zusammenschluss mit liberalen Kräften wie der SZDSZ, die allein keine Chance mehr auf einen Einzug ins Parlament haben, stieß damit aber kaum auf Gegenliebe.