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Der Arbeitsmarkt braucht die Älteren

Von Eva Mandl

Wirtschaft

In Österreich ist ein Drittel der rund 250.000 Arbeitslosen älter als 45 Jahre. Das könnte sich bald ändern, denn immer mehr Personalchefs setzen auf ältere Arbeitnehmer.


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Die Alterspyramide verschiebt sich. Wegen der hohen Lebenserwartung und der sinkenden Geburtenrate war die Struktur unserer Gesellschaft noch nie so alt wie heute. Dies wirkt sich auch auf die Arbeitswelt aus. Der Anteil älterer Arbeitnehmer wird immer höher, und es kommen weniger Jüngere nach. "2031 werden weit über 40% der Beschäftigten über 45 Jahre alt sein", prophezeit der Trend- und Zukunftsforscher Andreas Reiter vom Wiener ZTB-Zukunftsbüro im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Bereits heute sind knapp 29% der Beschäftigten in Österreich 45 Jahre und älter. Dennoch halten 15% der vom Tübinger Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung befragten Unternehmen das Alter bei Einstellungen für ein K.o.-Argument. Ihr idealer Kandidat ist Mitte 30, hat bereits Erfahrungen gesammelt und noch ein langes Berufsleben vor sich. Doch spätestens wenn die geburtenstarken Jahrgänge, die vor 1972 geboren sind, in Rente gehen, braucht der Arbeitsmarkt die älteren Mitarbeiter. Der in manchen Unternehmen immer noch grassierende Jugendwahn könne nicht fortgesetzt werden, so die Experten. Österreichs Wettbewerbsfähigkeit hänge künftig davon ab, wie sich Wirtschaft und Gesellschaft auf eine alternde Arbeitswelt einstellen.

Optimaler Altersmix

Ältere Arbeitnehmer sind nach einer aktuellen Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) bei Personalchefs nicht unbeliebter als jüngere. Sie habenten aus Sicht der Verantwortlichen durchaus Vorteile und werden nicht pauschal als Arbeitnehmer zweiter Wahl abgestempelt, teilte das ZEW in Mannheim mit. Bei Erfahrung, Qualitätsbewusstsein und Loyalität sind die "grauen Wölfe" den Jüngeren überlegen. Davon ist auch Andreas Landgrebe vom Personalberatungsunternehmen Jenewein & Partner überzeugt: "Ältere Arbeitnehmer bringen den Unternehmen unheimliches Know How".

Das Vorurteil, dass sie weniger aktiv und öfter krank sind als ihre jüngeren Kollegen, lässt der Personalexperte nicht gelten: "Manche laufen mit 50 einen Marathon, andere kommen mit 30 außer Atem, wenn sie drei Stockwerke zu Fuß gehen." In einem erfahrenen Mitarbeiter steckt ein immenses Potential an Erfahrung und Wissen, das dem Unternehmen einen großen wirtschaftlichen Vorsprung verschaffen kann.

Im Alter kommt es zwar zu einem Wandel der Leistungsfähigkeit, aber nicht zu einem Leistungsabfall. Die altersspezifischen Leistungseinbußen können durch die Vorteile der 50plus Generation - wie Erfahrung, soziale Kompetenz, Ausgeglichenheit in schwierigen Situationen, besondere Loyalität zum Unternehmen, Verantwortungsbewusstsein, Problemlösungsfähigkeit und Urteilsvermögen - kompensiert werden. Doch nur die Vorteile älterer Arbeitnehmer reichen in einem sich ständig verändernden Markt nicht aus: "Je gemischter die Altersstruktur, desto erfolgreicher das Team", ist Trendforscher Reiter deshalb überzeugt. Der Mix aus jungen, risikofreudigen Mitarbeitern mit schrägen Ideen und älteren "Leitwölfen" mit Erfahrung sichert den Unternehmen der Zukunft einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil.

Bezahlung nach Leistung

Junge Mitarbeiter kosten weniger, der Verdienst steigt mit dem Alter. Gerade wegen der hohen Lohnansprüche der 50plus-Generation sind die Perspektiven auf Neueinstellung oder Weiterbeschäftigung für die Älteren oft schlecht. Aber: "Das Senioritätsprinzip ist gestrig und wird sich nicht halten", sagt Reiter. Bezahlt wird in Zukunft nach Leistung.

Landgrebe rät älteren Arbeitssuchenden zu Flexibilität im finanziellen Bereich sowie Weiterbildung. Aber vor allem sollten sie ihre eigenen Aktien gewinnbringend vermarkten, indem sie sich über ihre Stärken klar werden. Statt zu sagen: "Ich bin alt, habe aber trotzdem Vorteile", sollte die Devise lauten: "Genau deshalb, weil ich alt bin, habe ich einen besonderen Wert".