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Kündigung ist nicht immer die beste Methode zur Konfliktlösung. | Mediation auch in der Wirtschaft auf dem Vormarsch. | Wien. So wie in Partnerschaften ist auch in Unternehmen die vollkommene Harmonie eher der Ausnahmefall. Spannungen, Differenzen und handfeste Konflikte sind der Normalfall. Buchautor Stephan Proksch, Unternehmensberater und Mediator in Wien, über die verschiedenen Wege, Konflikte zu lösen.
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"Wiener Zeitung": Konflikte am Arbeitsplatz werden meist nicht offen ausgetragen. Woran erkennt eine Führungskraft, dass etwas im Busch ist? Stephan Proksch: Es beginnt damit, dass die Kommunikation im Betrieb nicht mehr funktioniert. Informationen werden nicht mehr weitergegeben, in Meetings herrscht betretenes Schweigen. Passiver Widerstand ist auch ein Symptom. Im schlimmsten Fall kommt es zu vermehrten Krankenständen und erhöhter Fluktuation. Auch wenn die Belegschaft sich in zwei Fraktionen spaltet, steckt meistens ein Konflikt dahinter.
Betrachten wir einen klassischen Fall. In einem Unternehmen können zwei Mitarbeiter einfach nicht miteinander. Das Betriebsklima leidet massiv darunter. Ebenso klassisch ist häufig der Umgang mit dem Problem: Einer der beiden wird versetzt oder gekündigt. Sie bezeichnen das in Ihrem Buch als "trennende Maßnahme". Ist das immer die beste Lösung?
Zumeist nicht. Es gibt noch andere Möglichkeiten der Konfliktlösung. Leider ergreifen Firmen allzu oft trennende Maßnahmen. Das führt aber in vielen Fällen zu hohen Kosten. Das Unternehmen muss einen neuen Mitarbeiter suchen und diesen einschulen. Das benötigt mitunter viele Monate. Der gekündigte Mitarbeiter muss sich am Arbeitsmarkt einen neuen Job suchen, das verursacht Kosten für die Volkswirtschaft. Oft wäre das gar nicht notwendig gewesen.
Welche anderen, alternativen Methoden zur Bewältigung eines firmeninternen Konflikts gibt es?
Oft reicht schon ein persönliches Gespräch mit den Beteiligten, um Missverständnisse auszuräumen. Auch Coaching wird häufig eingesetzt, um erste Klärungsschritte bei der Bewältigung eines Konflikts zu setzen. Der Konflikt lässt sich damit nicht immer lösen, aber der Mitarbeiter wird durch das Feedback des Coachs gestärkt und sieht gewisse Dinge nachher anders.
Wenn es Spannungen im Team gibt, dann wird häufig Teamentwicklung eingesetzt. Wenn handfeste Konflikte an die Oberfläche treten, dann ist zumeist Mediation die richtige Methode. Dabei ist es wichtig, dass alle am Konflikt Beteiligten bereit sind, selbstverantwortlich mit Unterstützung eines Mediators oder einer Mediatorin an einer Lösung zu arbeiten.
Manche Firmen setzen auch auf Supervision. Wodurch unterscheidet sie sich vom Coaching?
Coaching ist die zielorientierte Beratung einer einzelnen Person zu einer aktuellen Problemstellung. So kann der Coach seinen Klienten - den Coachee - etwa auf ein klärendes Gespräch mit einem schwierigen Vorgesetzten vorbereiten oder einer neu bestellten Führungskraft helfen, sich auf die Aufgabe optimal vorzubereiten. Supervision hingegen ist ein Reflexionsprozess, bei dem ein Supervisor ein Team oder eine Person dabei unterstützt, berufsspezifische Handlungskompetenzen zu entwickeln und zu vertiefen.
Mediation ist in Österreich in erster Linie als Methode der Konfliktbewältigung im Rahmen von Scheidungen bekannt.
Es ist richtig, dass der heute am besten etablierte Bereich die Mediation bei Familienkonflikten und im Zusammenhang mit Scheidungen ist. Auch bei der Wirtschaftsmediation hat sich in den letzten Jahren viel getan. Es gibt zum Beispiel immer mehr Unternehmen, die innerbetriebliche Konfliktberater einsetzen. Ich habe mit meiner Firma im Jahr 2003 mit Wirtschaftsmediation begonnen. Mittlerweile weiß jeder Personalchef, was das ist. In der breiten Öffentlichkeit ist die Wirtschaftsmediation aber noch nicht so bekannt.
Wie läuft eine Mediation ab, und wie lange dauert ein Mediationsverfahren?
Eine Mediation besteht grundsätzlich aus fünf Phasen, die von Vorgesprächen und einer Post-Mediationsphase umrahmt sind. Aus meiner Erfahrung heraus sind im Normalfall etwa vier bis sechs Sitzungen nötig, um einen Konflikt aus der Welt zu räumen. Am Ende steht eine Abschlussvereinbarung, die von den Konfliktparteien im Konsens erzielt wurde und die beide unterzeichnen.
Wie sieht es in österreichischen Unternehmen ganz allgemein mit der Konfliktkultur aus?
In Österreich werden Konflikte gerne unter den Teppich gekehrt und verdrängt. In Deutschland etwa pflegt man einen viel offeneren und direkteren Umgang damit, und man trägt Konflikte aus. Allerdings stelle ich bei vielen österreichischen Unternehmen fest, dass sich die Konfliktkultur immer mehr zum Positiven ändert. Unter dem Druck des Marktes können sich immer weniger Firmen leisten, Zeit und Geld an unproduktive interne Auseinandersetzungen zu verschwenden.
Stephan Proksch: Konfliktmanagement im Unternehmen. Mediation als Instrument für Konflikt- und Kooperationsmanagement am Arbeitsplatz. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2010, 160 Seiten, 35,93 Euro.