Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 5 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Laut jüngsten Daten der Ärztekammer sind österreichweit
68 Allgemeinmedizinerstellen unbesetzt. Das ist bei 3968 Kassenverträgen mit Hausärzten an sich noch nicht besorgniserregend. Alarmierend ist, dass die Stellen immer länger unbesetzt sind und mehrmals ausgeschrieben werden müssen. Jährlich schließen zwischen 800 und 900 Ärzte ihre Ärzteausbildung ab - wie viele davon Allgemeinmediziner sind, ist statistisch nicht erfasst. Um die Zahl der Hausärzte halten zu können, bräuchte es jährlich einen Zugang von 400 Allgemeinmedizinern, aber den gibt es nicht. Stattdessen ist in den kommenden zehn Jahren ein Abgang von 60 Prozent der Hausärzte in die Pension zu erwarten.
Vergangene Woche hat der Nationalrat in einer Sondersitzung darüber diskutiert, was gegen den drohenden Ärztemangel zu tun sei. Succus ist, dass die Hausärzte beziehungsweise Landärzte einen Honorarzuschlag erhalten sollten. Ob das tatsächlich umgesetzt wird, steht auf einem anderen Blatt Papier, denn die Honorare werden zwischen den Krankenkassen und den Landesärztekammern ausverhandelt. Und die Liquidität der Krankenkassen ist überschaubar.
Im Regierungsprogramm wurde ein weiterer Anreiz für Jungmediziner fixiert: ein Stipendium der Bundesländer für Jungmediziner, um sie an ein Bundesland zu binden. Tatsächlich sind die Stipendien vorerst auf einem
sehr niedrigen Niveau geplant. Es ist unwahrscheinlich, dass mit 300 Euro pro Monat jemand überzeugt werden kann, Landarzt zu werden.
Erfreulich ist, dass die Politik den Ernst der Lage erkannt zu haben scheint. Und es ist bereits ein Bündel an Maßnahmen im Gespräch oder in Arbeit. Darüber hinaus hat heute auch der Landarzt keinen Rund-um-die-Uhr-Dienst mehr, denn die Ärzte sind bereits gut vernetzt und teilen sich ihre Dienste ein. Auch dass Ärzte Ärzte einstellen können und es künftig auch auf dem Land Primärversorgungszentren gibt, wird dem Arztmangel entgegenwirken.
Noch wichtiger wäre aber eine Aufwertung der Allgemeinmediziner - in der Ausbildung und in der Verantwortung. Dass bei uns jeder zu jedem Arzt und in jede Ambulanz gehen kann - wann und wo er will -, ist ein Spezifikum des österreichischen Gesundheitssystems. Diese große Freiheit der Patienten bedeutet gleichzeitig eine enorme Verteuerung des Systems. Wenn also der Hausarzt wieder zum Wegweiser im System gemacht wird, könnte man damit mehrere Ziele vereinen: einerseits den Anreiz, dass wieder mehr besonders engagierte Menschen den Hausarztberuf ergreifen; und andererseits Einsparungen im System, weil unnötig teure Ambulanzbesuche vermieden werden können.