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Der Ast, auf dem die Wirtschaft sitzt, ist die Familie

Von Sabine M. Fischer

Gastkommentare
Sabine M. Fischer, Inhaberin von Symfony Consulting, ist Wirtschaftspädagogin, Human-Factor-Unternehmensberaterin und Sprecherin des AK Industrie 4.0/IoT in Wien. Mitte Mai wurde sie zudem zur Aufsichtsratsvorsitzenden des Verbands der österreichischen Wirtschaftsakademiker (VÖWA) gewählt.
© Symfony / Klaus Prokop

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Das sollte man auch bei Maßnahmen für den Arbeitsmarkt berücksichtigen.


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Überwachungskameras zeigten es: In der Bedrohung der Massenpanik laufen einige nicht kopflos herum, sondern schützen sich gegenseitig ganz gezielt. Ihre Überlebensquote ist die höchste, sie werden weniger häufig schwer verletzt oder zu Tode getrampelt, verursachen also für die Gemeinschaft die geringsten Kosten. Wer sie sind? Familien und Freunde, die 2010 gemeinsam jene Love-Parade in Duisburg besuchten, die 21 Todesopfer forderte.

Auch die Lockdowns des vergangenen Jahres haben jene psychisch und wirtschaftlich besser überstanden, die in familiären, freundschaftlichen oder nachbarschaftlichen Beziehungen stehen.

Der Mensch ist ein soziales Wesen, und sein Überleben hängt vom Grad der Unterstützung durch andere ab. Deshalb gab es im Mittelalter die Hanse und gibt es heute etwa die Industriellenvereinigung. Auch die parlamentarischen Untersuchungsausschüsse geben beredtes Zeugnis von gegenseitiger Unterstützungsarbeit.

Familienunternehmen kennen die Bedeutung ihrer gesellschaftlichen Integration genau. Deshalb engagieren sich auch sozial an ihren Standorten, indem sie etwa die Freiwillige Feuerwehr sponsern oder Räume für Vereinstätigkeiten zur Verfügung stellen.

Familienbeziehungen sind die kleinste Einheit im menschlichen Beziehungs- und Wirtschaftsgeflecht: Familien sind als Konsumenten, als Arbeitskräfte und als "Erzeuger" und Förderer von Nachwuchs unverzichtbare Wirtschaftsfaktoren. Dafür benötigen sie bestimmte Rahmenbedingungen, so wie Unternehmen Kapital, Mitarbeiter und Kunden brauchen, um Steuern zahlen zu können.

Besonders Alleinerziehende mit Kindern wussten schon vor der Pandemie, wie gut jedes Familienmitglied und die Umgebung funktionieren muss, damit der mühevoll austarierte Alltag klappt: Kommt der Bus zu spät, ist einer krank, muss man länger arbeiten, fällt der Babysitter aus - jedes Rädchen kann alles zum Erliegen bringen. Andererseits kommen aus der Umgebung auch jene Unterstützungsleistungen, die ein freudvolles Familienleben überhaupt erst ermöglichen: Opas und Onkel, die im Garten und bei der Kinderbetreuung helfen, Nachbarn, die für einen einkaufen gehen, Vereinstätigkeiten, die Freude machen etc. Je mehr soziale Kontakte, desto positiver sind Menschen gestimmt und desto optimistischer sehen sie in die Zukunft. Auch das hat Auswirkungen: Steigende Konsum- und Investitionsausgaben lassen die Wirtschaft brummen.

Nun aufgrund des Fachkräftemangels Menschen aus ihren sozialen Strukturen zu reißen und damit Familienleben im engeren und weiteren Sinn zu verunmöglichen, führt zu einem wenig motivierten Wanderproletariat. Als Beitrag für eine zukunftsorientierte Wirtschaft im 21. Jahrhundert kann ich das als Unternehmerin nicht werten.

Meine wirtschaftlichen Erfolge habe ich ausschließlich mit engagierten Menschen feiern dürfen, die sowohl im Unternehmen als auch außerhalb sozial gut integriert waren. Neurotiker ohne Bindung sollten wir nicht staatlich fördern. Die Folgekosten wären für uns alle zu hoch.