GM will Opel also nicht verkaufen. Neben den wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Entscheidung gibt es aber auch immens politische: GM ist - das darf nicht vergessen werden - ein staatliches Unternehmen. Die amerikanische Regierung sitzt auf mehr als 60 Prozent der Anteile des krisengeschüttelten Autobauers.
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Die Weigerung, die technologisch deutlich besser aufgestellte Opel-Tochter zu verkaufen, ist also auch eine industriepolitische Entscheidung. Und die deutsche Bundeskanzlerin Merkel wird sich wohl am Dienstag bei ihrem Besuch im Weißen Haus nicht nur (für die US-Hilfe beim Fall der Mauer vor 20 Jahren) bedankt haben. Die Entscheidung in Detroit ist nicht gegen Magna gerichtet, sondern amerikanische Wirtschaftspolitik. Und die offenbart, dass der Atlantik auch ein Graben ist.
Die Wirtschaftskrise hat Millionen Arbeitsplätze vernichtet. Weltweit ist daher ein Rennen um die Industrie-Arbeitsplätze der Zukunft ausgebrochen, die Automobil- und ihre Zulieferindustrie ist ein wichtiger Teil davon. In diesem Rennen um die globale industrielle Führerschaft liegt derzeit China voran, die USA haben hier die schlechtesten Karten. GM hat nun offen gezeigt, dass Amerika die Wohlstand vernichtende Ent-Industrialisierung nicht länger hinzunehmen bereit ist.
Für Europa bedeutet dies, dass es gut aufpassen muss. Gipfelbeschlüsse, in denen der liberale Welthandel hoch gehalten wird, sind eines - die Realpolitik schaut anders aus.
Für den Kopenhagener Klimaschutzgipfel ist das Verhalten der Amerikaner wohl endgültig der Todesstoß: Arbeitsplätze sind wichtiger als die Umwelt, Punkt. Europa kann nun bei der Reduzierung der Schadstoffe kaum noch Zugeständnisse machen, weil sonst Industrien abwandern. Vielleicht sogar in die Vereinigten Staaten, die dabei auf der Bremse stehen.
Die GM-Entscheidung mag für Magna ein Schlag sein, aber für Europa bedeutet es, dass es den Kampf um die (gut bezahlten) Arbeitsplätze der Zukunft aufnehmen muss. Der Protektionismus wird zunehmen, die Umwelt muss warten. Auch dies ist eine Folge der schweren Krise, die - auch das darf nicht vergessen werden - in den USA begann.