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Italiens Präsident erteilt Matteo Renzi den Auftrag zur Regierungsbildung.
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Rom. Der Ton war bereits ein anderer. Seriöser, bedächtiger und ruhiger als gewohnt präsentierte sich Matteo Renzi am Montag der Presse im Quirinalspalast von Rom. Hier befindet sich der Sitz von Staatspräsident Giorgio Napolitano, der Renzi am Vormittag mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt hatte. Renzi nahm das Mandat unter Vorbehalt an. Am Dienstag will der designierte Ministerpräsident die Beratungen mit den anderen politischen Kräften im italienischen Parlament beginnen. "Ich werde in dieser schwierigen Situation alle mir zur Verfügung stehende Energie einsetzen", sagte Renzi. Gelingt die Einigung, soll er am Ende der Woche vereidigt werden. Der Jurist wäre mit 39 Jahren der jüngste Premier in der italienischen Geschichte.
Ob der veränderte Stil der Schwierigkeit seiner Aufgabe oder einem neuen, institutionellen Profil geschuldet ist, das sich Renzi nun verpasst hat, darüber wurde in Rom spekuliert. Der bisherige Bürgermeister von Florenz und Chef der Demokratischen Partei (PD) überraschte jedoch erneut, diesmal mit einem ambitionierten Zeitplan für die Reformen.
Sollte die neue Regierung zustande kommen, will Renzi bereits bis Mai wichtige Reformen auf den Weg gebracht haben. Noch im Februar soll die Änderung des Wahlrechts sowie einiger Verfassungsänderungen in die Wege geleitet werden. Im März werde sich die neue Regierung dem "Notstand der Arbeit" widmen. Für April kündigte Renzi eine Reform der öffentlichen Verwaltung an, für Mai eine Steuerreform. Die Regierung von Enrico Letta, den Renzi in einem parteiinternen Machtkampf verdrängt hatte, legte in zehn Monaten Amtszeit keine grundlegende Reform vor. Sie war auf dieselbe Mehrheit gestützt, mit der nun auch Renzi regieren will.
Schwierige Ministersuche
Fraglich ist nun, ob die noch nicht einmal gebildete Regierung diesen Zeitplan einhalten kann. Auch über die genauen Inhalte der Projekte ist noch wenig bekannt. Allein ein Kompromiss zu Änderung des Wahlrechts zwischen Renzi und Silvio Berlusconi liegt bereits vor. Berlusconis Partei Forza Italia will sich offiziell nicht an der Regierung Renzi beteiligen, kündigte aber eine "verantwortungsvolle Opposition" an. Wichtigster Partner für eine Koalition ist die Neue rechte Mitte (Ncd) von Angelino Alfano. Alfanos NCD hatte sich im November von Berlusconis Partei als Splittergruppe losgesagt und fürchtet nun, in einem Kompromiss zwischen Renzi und Berlusconi aufgerieben zu werden. Im Hinblick auf Renzi kündigte er an, die Regierung werde nicht um jeden Preis entstehen. Im Senat, wo das Mitte-Links-Lager keine Mehrheit hat, ist Renzi auf die 31 Senatoren Alfanos angewiesen.
Offenbar gestaltet sich auch die Zusammensetzung der Regierung kompliziert. Mehrere Ministerkandidaten sagten ab. Besonders bei der Besetzung des wichtigen Amtes des Wirtschafts- und Finanzministers gab es bis Montag noch keine Fortschritte. Die Rede war unter anderem von Lucrezia Reichlin, früher Generaldirektorin der Europäischen Zentralbank sowie Ex-EU-Kommissionspräsident Romano Prodi. Der Kapitalmarkt reagierte aber dennoch positiv auf Renzis Ernennung. Der Zinsaufschlag italienischer Staatsanleihen gegenüber deutschen blieb bei unter 200 Basispunkten. Im Krisenjahr 2011 war er auf 550 Punkte angestiegen. Dies gilt als Zeichen, dass Anleger sich von Renzi Reformen erwarten.