Schweden plant Staatsbetriebe zu verkaufen. | Opposition und Mehrheit der Bürger sind nicht begeistert. | Stockholm. Der staatliche Sektor ist im jahrzehntelang sozialdemokratisch gelenkten Schweden größer als anderswo in Europa. Die im September neu gewählte bürgerliche Regierung unter Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt möchte dies ändern. Zuletzt setzten die vier Regierungsparteien im Parlament eines ihrer umstrittensten Projekte durch: Den Verkauf der großen staatlichen Unternehmen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
#Verkauf von "Absolut"
Insgesamt plant die Regierung sich von sechs völlig oder teils im Staatsbesitz stehenden Unternehmen zu trennen. Unter den zu 100 Prozent im Staatseigentum befindlichen Unternehmen, die veräußert werden sollen, steht der profitable Alkoholproduzent Vin & Sprit mit der international bekannten Marke "Absolut". Im ersten Quartal 2007 verzeichnete der staatliche Schnapsbrenner einen Gewinn von 458 Mio. Kronen (49,4 Mio. Euro).
Auf der Verkaufsliste stehen weiters die Wohnkreditgesellschaft SBAB mit einem Marktanteil von 10,5 Prozent in Schweden und der staatliche Bürogebäudeeigentümer- und Verwalter Vasakronan mit insgesamt 160 Gebäuden im Wert von rund 36 Mrd. Kronen.
Außerdem sollen die umfangreichen staatlichen Anteile an der nordischen Börse OMX, der größten nordischen Bank Nordea und dem Telekommunikationskonzern Telia Sonera verkauft werden.
Schulden abbauen
Ursprünglich wollte die Regierung auch ihre Beteiligung an der krisengeschüttelten skandinavischen Fluggesellschaft SAS verkaufen, entschied jedoch wegen zu großer Widerstände anders. Neben der SAS will Reinfeldt auch die lukrative Minengesellschaft LKAB und den erfolgreichen Energieproduzenten Vattenfall behalten. Zumindest vorerst.
Experten rechnen auch hier mittelfristig mit Privatisierungsvorstößen. Die geschätzten Verkaufseinnahmen von 200 Mrd. Kronen sollen in die Reduzierung der Staatsschuld gesteckt werden. Die daraus resultierende Verminderung der jährlichen staatlichen Kreditkosten soll Schweden eine Vergrößerung des Staatsbudgets von 8 Mrd. Kronen bescheren.
Den konkreten Verwendungszweck des Geldes hält Reinfeldt aber offen. Es ginge technisch nicht, den Budgetzuwachs für bestimmte Zwecke zu reservieren, so die Begründung.
Wie der Verkauf konkret organisiert werden soll, steht indes noch nicht fest. Der Weg über die Börse gilt jedoch als eher unwahrscheinlich.
Gegenstimmen
Die sozialdemokratische Opposition warf bei der Debatte im Reichstag der bürgerlichen Regierung "ideologische Verblendung" vor. Sie folge mit dem Verkauf bloß ihrer liberalen Doktrin. Denn wirtschaftlich mache die "Verramschung" von gut laufenden staatlichen Unternehmen keinen Sinn, hieß es. Die Regierung konterte mit dem Verweis darauf, dass die Unternehmen unter privater Regie noch viel besser laufen würden.
Unterdessen ergab eine Umfrage, dass rund 50 Prozent der Schweden grundsätzlich gegen einen Verkauf der Betriebe sind, etwa ein Drittel ist ausdrücklich dafür.