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Wenn am Donnerstag die Westbalkan-Konferenz in Wien stattfindet, geht es nicht nur um diesen Teil Europas - es geht um die Handlungsfähigkeit der EU. Die pompöse Teilnehmerliste sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass in den Ländern Ex-Jugoslawiens vieles im Argen liegt.
Dass dort nun tausende Flüchtlinge aus dem Mittleren Osten und aus Afrika quasi von Grenze zu Grenze "durchgereicht" werden, ist hinlänglich bekannt - und erleichtert der EU die Sache nicht. Es geht auch um mühsam gekittete Grenzstreitigkeiten, bei denen um Meter gestritten wird. Und es geht darum, dass diese Länder massive wirtschaftliche Probleme haben und aus der EU-Beitrittsperspektive kaum noch Nutzen ziehen. In Brüssel wird dieser mögliche Beitritt immer stärker hinausgezögert, und damit zeigt sich dasselbe Bild wie in Griechenland: Die wirtschaftliche Entwicklung ist schleppend, und damit einher geht politischer Stillstand. Die Korruption ist ungeheuer und verhindert den Aufbau funktionierender staatlicher Strukturen. Das wiederum verzögert den EU-Beitritt . . .
Die Krise ab 2008 hat einiges an positiver Entwicklung in diesen Ländern zerstört. Bei der mit Angela Merkel, Matteo Renzi, Federica Mogherini hochkarätig besetzten Konferenz in Wien ist wohl ein Status zu besprechen, der nur als Rückschritt zu definieren ist. Im EU-Land Kroatien blüht der Nationalismus, aber es ist halt schon drin - im Gegensatz zu Serbien. Bosnien-Herzegowina taumelt dahin, im Kosovo hat wohl der US-Botschafter mehr faktische Macht als die Polizei. In Mazedonien musste die EU erst jüngst eingreifen, um den Staat am Laufen zu halten.
Soweit die Aufzählung der negativen Faktoren. Und nun sollte die EU ins Spiel kommen. Europa muss in diesen Ländern nicht nur mit einem gewaltigen Investitionsprogramm punkten, sondern sich auch als politische Kraft formieren. Wenn es zu einem EU-weiten Flüchtlingsprogramm kommt, müssen diese Länder quasi als EU-Mitglieder mitgedacht werden. Der Grenzzaun zwischen Ungarn und Serbien ist sinnlos, Europa muss Länder wie Serbien gleichberechtigt unterstützen. Dann erst kann verlangt werden, dass sie "sichere Drittländer" sind. Eine Autobahn zu bauen, genügt nicht mehr. Europa muss den Ländern Sicherheit geben, demokratische Kräfte stärken. Die Westbalkan-Konferenz böte die Möglichkeit dazu - denn der Balkan beginnt ja auch in Wien.