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Der Bann gegen die gemäßigten Kräfte

Von Arian Faal

Politik

Im Iran liefern die Hardliner und die Reformer einander vor der Parlaments- und Expertenratswahl einen heftigen Schlagabtausch.


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Teheran/Wien. Im Iran liefern sich moderate und ultrakonservative Kräften einen harschen Schlagabtausch - das hängt damit zusammen, dass am 26. Februar eine Doppelwahl (das Parlament und der Expertenrat werden neu gewählt) stattfindet. Hintergrund für den fast bei jedem iranischen Urnengang wiederkehrenden Zwist ist der Umstand, dass es im schiitischen Golfstaat eine Vorauswahl vor der Wahl gibt und der erzkonservative und aus je sechs Juristen und sechs Geistlichen bestehende Wächterrat immer wieder massenhaft Kandidaten, die einer gemäßigten Linie folgen, verbannt.

Diesmal traf es vier Fünftel der Kandidaten für die Wahl zum Expertenrat, der das Staatsoberhaupt des Landes, den Obersten Geistlichen Führer, Ayatollah Ali Khamenei, kontrolliert. Von den 801 Kandidaten wurden nur knapp 170 zugelassen. Unter den Zurückgewiesenen, die bis Sonntag Einspruch einlegen können, ist auch ein Enkel des Revolutionsvaters Ayatollah Ruhollah Khomeini, Hassan Khomeini. Er gilt als politisch moderat und als Galionsfigur der Reformer.

Präsident Rohani stellt sichhinter die Reformer

Die Reformer und Gemäßigten unter Präsident Hassan Rohani, der nach dem Atom-Deal und der Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gerade dabei ist, neue politische und wirtschaftliche Brücken nach Europa zu schlagen, wollen sich noch nicht geschlagen geben. So will Rohani Khamenei bitten, die Selektion der Kandidaten nach der Einspruchsfrist zu überprüfen.

Denn bleibt es beim Ausschluss, bedeutet das eine weitere herbe innenpolitische Niederlage für Rohani, der bereits vor einer Woche erfuhr, dass auch rund 7000 von 12.000 Kandidaten für die Parlamentswahl abgelehnt worden sind.

Die 86 Mitglieder des Expertenrates und die 290 Parlamentsabgeordneten stammen derzeit überwiegend aus den Lager der Hardliner. Rohani hofft nach dem Deal auf eine politische Wende in beiden Institutionen, um die Öffnung des Landes voranzutreiben. Der erzkonservative Klerus und die Hardliner hingegen unternehmen alles, um ihre Schalthebel zur Macht zu halten. Sie befürchten, dass nach dem Atomabkommen und der Aufhebung der Wirtschaftssanktionen die Rohani-treuen Reformer die Mehrheit der 290 Sitze im Parlament gewinnen könnten. Mit neuen Mitgliedern wie Hassan Khomeini hätten die Konservativen auch im Expertenrat Einfluss verloren.

Noch ist das letzte Wort in der Causa aber nicht gesprochen: Der politische Ziehvater Rohanis und Chef des Schlichtungsrates, Ayatollah Ali Akbar Hashemi-Rafsanjani, hat sein Bedauern über die Disqualifizierung vieler moderaten Kandidaten geäußert und gegenüber Journalisten klargestellt, dass man dem Willen des Volkes "nicht entfliehen" könne.

Ungeachtet der Querelen stimmen sich sämtliche Kandidaten auf den Urnengang ein und lassen Werbungen und Plakate drucken. Auch im Wahlkampf haben jedoch die Hardliner einen Startbonus: Sie kontrollieren die wichtigsten staatlichen Medien und können somit wesentlichen Einfluss auf die Berichterstattung nehmen.