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"Der Bau-Kuchen wird größer, und das ist gut so"

Von Brigitte Pechar

Politik

Muchitsch: Konjunkturpaket lässt Branche neue Lehrlinge ausbilden.


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Wien. Die Regierung hat am Dienstag im Ministerrat Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur im Umfang von 1,585 Milliarden Euro beschlossen. Demnach sollen noch heuer 161 Millionen Euro bauwirksam werden. Im kommenden Jahr sollen 743 Millionen Euro - davon 276 Millionen für den Wohnbau - freigeschaufelt werden. 2015 gibt es 370 Millionen (davon 200 Millionen für den Wohnbau) und 2016 noch einmal 310 Millionen (davon wieder 200 Millionen für den Wohnbau).

"Wiener Zeitung":Die Regierung spült noch heuer 161 Millionen in die Bauwirtschaft. Ist das nicht - die Gesamtheit der Bauwirtschaft betrachtet - ohnehin zu wenig, um konjunkturell irgendetwas bewirken zu können?Josef Muchitsch: Gemessen an 40 Milliarden der Bauinvestitionen pro Jahr sind 161 Millionen nicht viel, aber das große Paket kommt ja erst im kommenden Jahr. Dafür kann man im Herbst schon planen und vorbereiten. Bisher hat sich die öffentliche Hand aus der Bauwirtschaft zurückgezogen, daher begründet dieses Zeichen jetzt einen Hoffnungsschimmer für die Bauwirtschaft. Das bedeutet auch, dass sich der Markt wieder entspannt und die Beschäftigten der Alpine Bau auffangen kann. Der Kuchen wird nicht kleiner, der Kuchen wird größer. Und das ist gut so. Und wenn mehr Mittel in den Wohnbau fließen, hat das natürlich auch einen Multiplikatoreffekt: Es wird mehr gekauft - von Vorhängen bis zu Schränken.

Im Zusammenhang mit der Alpine-Pleite haben einige Manager gemeint, dass eine gewisse Marktbereinigung ohnehin notwendig sei. Sehen Sie als Gewerkschafter das auch so?

Ich sehe nur, dass alle Großen massives Interesse an den Baulosen der Alpine zeigen. Jeder will die Projekte und die Arbeiter übernehmen. Mit 8. Juli etwa werden 1800 Beschäftigte der Alpine in ein neues Dienstverhältnis übertragen. In den nächsten zwei Wochen werden alle Teilbereiche und Niederlassungen der Alpine an den Mann gebracht sein. Die größte Pleite wird innerhalb von zehn Tagen abgewickelt - mehr als 400 Kaufangebote liegen vor. In Graz wurden heute, Freitag, alle 490 Arbeitnehmer (Bauarbeiter, Angestellte und Lehrlinge) der Alpine in der Steiermark von Hochegger übernommen.

Sie sind derzeit sehr viel unterwegs und klären die Arbeitnehmer in Betriebsversammlungen auf. Beschreiben Sie die Stimmung bei der Belegschaft der Alpine.

Am Montag und Dienstag herrschte große Betroffenheit, Begräbnisstimmung eben. Heute hat man in Graz und Salzburg schon einen Hoffnungsschimmer gemerkt. Man könnte sagen, es gibt wieder Aufbruchsstimmung in der Branche. Um die 3500 Arbeiter der Alpine mache ich mir weniger Sorgen. Ich bin zuversichtlich, dass wir in den nächsten zwei Wochen den überwiegenden Anteil der Beschäftigten unterbringen können. Schwieriger ist es bei den Angestellten. Aber auch für diejenigen, die vielleicht jetzt gleich keinen Job finden, werden Lösungen gesucht.

Könnte man sagen, der Betriebsübergang klappt ohnehin so reibungslos, dass das Konjunkturpaket gar nicht notwendig war? Oder kommen die Maßnahmen gar zu spät?

Nein, die Investitionen sind nicht zu spät und schon gar nicht überflüssig. In Europa herrscht tiefe Resignation. Wenn Europa kränkelt, kann es schon sein, dass sich auch Österreich einen Schnupfen holt. Aber die Regierung steuert dagegen und das ist vor allem wichtig für die Moral: Das ist ein Zeichen der Hoffnung.

Wir haben gerade Schulschluss im Osten, die westlichen Bundesländer folgen. Nehmen die Betriebe in der Bauwirtschaft jetzt überhaupt Lehrlinge auf, oder gibt es da nach der Pleite der Alpine keine Chance für die Jungen?

Genau darum hat die Regierung das Signal zum richtigen Zeitpunkt gesetzt. Es macht den Unternehmen Mut. Wenn ich als Unternehmer kein Licht am Ende des Tunnels sehe und von Resignation umgeben bin, nehme ich auch keine Jungen auf. Wenn ich aber sehe, es wird gebaut, es gibt wieder Ausschreibungen, dann werde ich auch vorsorgen, dass ich Arbeiter habe. Das ermutigt dazu, Lehrlinge einzustellen.

Zur Person



JosefMuchitsch

Der Maurer "mit Leib und Seele" ist seit 2012 Vorsitzender der Gewerkschaft Bau Holz. Nach seiner Ausbildung zum Bauleiter und dem Engagement in der Gewerkschaft hat der Leibnitzer (Südsteiermark) auch politische Karriere gemacht und ist seit 2006 Nationalratsabgeordneter der SPÖ.