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Der Bau von Mellach steht in den Sternen

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Bis vor kurzem ließ Verbund-Generaldirektor Hans Haider keinen Zweifel daran: Südlich von Graz, bei Mellach, soll ein Gaskraftwerk mit einer Leistung mit 800 Megawatt errichtet werden. Heute sieht alles anders aus. Sein Vorstandskollege und Präsident des Verbandes der Elektrizitätsunternehmen, Michael Pistauer, erklärt: "Der Bau von Mellach steht noch in den Sternen." Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seien nicht günstig genug. Mit dieser Ankündigung will der Verbund mehr Emissionszertifikate als zugesagt herausschinden.


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"Wir haben nie gesagt, dass wir Mellach tatsächlich bauen werden," relativiert Pistauer die Aussagen seines Kollegen Hans Haider. Die Errichtung des Gaskraftwerks hänge wesentlich vom wirtschaftlichen Umfeld ab. "So wie es jetzt aussieht, rentiert sich das Gaskraftwerk nicht." Derzeit liege der Großhandelspreis für Strom bei 32 Cent je Kilowattstunde, um die Investition rentabel zu machen, seien aber 40 Cent notwendig.

In Italien hat der Verbund mit den "niedrigen" internationalen Großhandelspreisenallerdings weniger Probleme. Denn dort wird von dessen Tochter Energia demnächst ein Kraftwerk in Termoli mit einer Leistung von 760 Megawatt - also von derselben Größe wie Mellach - fertiggestellt und ein weiteres Gaskraftwerk mit derselben Leistung soll bei Bari gebaut werden.

Pistauer beklagt sich über das investitionsfeindliche Klima für die E-Wirtschaft, das in Österreich vorherrsche. Noch immer will der Verbund die zu geringe Zuteilung der Emissionszertifikate nicht hinnehmen. "So wie es aussieht, müssen wir welche zukaufen." Auch dies mache Mellach zum Kostenproblem. Anders gesagt: Der Verbund hofft darauf, mehr Verschmutzungsrechte herausschinden zu können. Pistauer nennt es Investitionsanreize.

Ob Mellach gebaut wird, hängt folglich von den Verschmutzungsrechten und vom Großhandelspreis ab. Der werde, so Pistauer, weiter steigen. Allein zwischen 2000 und 2003 gab es einen Preissprung von 100%. Heuer seien die Preise um knapp 30% höher als im Vorjahr. Diese Entwicklung werde anhalten. Dass davon vor allem die Energieversorger profitieren, wird vom Verband jedoch heftigst abgestritten.

Klar sei, der Energiebedarf steige, aber Österreich könne den Verbrauch nicht mehr durch eigene Produktion abdecken. Insofern wäre es, so die Sicht der Versorger, notwendig, neue Kraftwerke zu errichten. Angesichts der Lage, ist nicht verständlich, wieso der Verbund in den nächsten Jahren drei Kraftwerke vom Netz nehmen wird.

Die Bosse der E-Wirtschaft fühlen sich von den Politikern im Stich gelassen. Nur das Nebenthema Ökostrom habe für diese Bedeutung, monieren Tiwag-Chef Bruno Wallnöfer und der Vorstand der Salzburg AG, Arno Gasteiger. Dies sei ein Fehler. Auch für größere Wasserkraftwerke über 10 Megawatt sollte es finanzielle Unterstützung geben. Sorge macht den heimischen Wasserkraftbetreibern die EU-Wasserrahmenrichtlinie. Sollte sie streng interpretiert werden, könnte dies Österreich 4 Mrd. Kilowattstunden kosten.

Ab Herbst droht die vom Energie-Regulator vorgesehene Senkung der Netztarife. Um einem zu starken Eingriff vorzubeugen, wird schon jetzt dagegen kräftig Wind gemacht. Wallnöfer zeigt sich erfreut, dass das von allen Versorgern gehasste Benchmark-System vom Tisch ist: "Es ist gesetzeswidrig." Also werde es lediglich zu einer "konventionellen Senkung" kommen, wobei jeder Prozentpunkt die Unternehmen 25 Mill. Euro koste. Geschicktes Lobbying hat die E--Wirtschaft auch beim Unbundling betrieben. Vorgesehen war seitens des Regulators eine scharfe Trennung zwischen Erzeugung, Übertragung (Netzen) und Vertrieb. Wobei die Netze in eigene Gesellschaften ausgelagert werden sollten. Umgesetzt wurde das Unbundling in einer abgeschwächten Version.