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Der Baufleck der Sozialpartner

Von Clemens Neuhold

Politik

Analyse: Wie sich wichtige Reformen am Arbeitsmarkt in Streit und Hader auflösten.


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Wien. Jetzt zeigen wir der Regierung, dass etwas weitergeht im Land. Solche Töne waren im Frühjahr vergangenen Jahres aus der Sozialpartnerschaft - also von Gewerkschaft, Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer - zu hören. Die Leistungsbilanz der Regierung war wegen innerer Streitigkeiten gerade ins Minus gerutscht. Der Frust stieg.

Da schickten sich die Sozialpartner an, das Arbeitsrecht zu reformieren, wie es sich die Regierung im ersten Kapitel ihres Programms vorgenommen hatte. Im gewohnten Stile des Gebens und Nehmens wollte man ohne viel öffentliche Begleitmusik Fakten schaffen. Die Wirtschaft bekommt flexiblere Arbeitszeiten (12-Stunden-Tag bei gleicher Wochenarbeitszeit), die Gewerkschaft mehr Urlaub (sechste Urlaubswoche) und eine Reduktion der All-in-Verträge.

Die Verhandlungen gediehen, wurden aber ruchbar. Manche machten den zu frühen Jubel des Wirtschaftsministers und heutigen ÖVP-Chefs Reinhold Mitterlehner über den 12-Stunden-Tag für das Platzen der Verhandlungen verantwortlich.

Das greift aber zu kurz. Wahrscheinlicher ist, dass die Steuerreform bereits einen zu großen Keil in die Sozialpartnerschaft trieb. In der Auseinandersetzung darüber, ob es Vermögenssteuern geben soll oder nicht, verkehrt sich die Sozialpartnerschaft nämlich in eine Sozialfeindschaft.

Wie es sich nun außerdem wieder zeigt, waren die Gräben bei der sechsten Urlaubswoche oder erlaubten Tagesarbeitszeit größer als erwartet. Man legte die Verhandlungen also auf Eis.

Die verlängerte Eiszeit liegt nicht nur an der Wirtschaftskammerwahl, sondern auch an der großen Nähe zu der ideologisch nahestehenden Partei. Beim Streit um die Steuerreform zeigt sich das Lagerdenken ganz deutlich.

Für die Bürger keine gute Nachricht. Denn es könnte ja sein, dass das Ende des All-in-Wildwuchses hier und flexiblere Arbeitszeiten dort Menschen und Betrieben langfristig mehr gebracht hätten als eine Steuersenkung, die durch die nächste Steuererhöhung neutralisiert wird.

Und die Sozialpartnerschaft selbst? Die büßt an Reputation als stabilisierender Faktor des Landes ein, wenn sie als Reformmotor auf ihren eigenen Fahrbahnen ausfällt und stattdessen den ermüdenden Parteienstreit sekundiert.