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Der Begünstigte soll zahlen

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Jörg Haider und Martinz bestellten, Landesholding überwies sechs Millionen.


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Klagenfurt. Es ist eine Causa, die in vielerlei Hinsicht bemerkenswert ist, und nun vor Gericht entschieden wird. Am Mittwoch startete am Landesgericht Klagenfurt der Untreueprozess gegen den Kärntner ÖVP-Chef Josef Martinz, den Wirtschaftsprüfer Dietrich Birnbacher und die beiden Vorstände der Kärntner Landesholding, Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander. Kernfrage ist, ob die Landesholding ordnungsgemäß mit dem ihr anvertrauten Vermögen umgegangen ist. Ganz nebenbei stehen aber auch das Who-is-Who der heimischen Sachverständigen-Szene sowie die Strafverfolgungsbehörden, die Ermittlungen in der Causa in der Vergangenheit zweimal eingestellt haben, auf dem Prüfstand.

Megymorez und Xander wird vorgeworfen, die Holding hätte unter ihrer Führung unrechtmäßigerweise ein Sechs-Millionen-Euro-Honorar an Birnbacher ausbezahlt. Die Anklage nennt Martinz ist als Bestimmungs-, Birnbacher als Beitragstäter. Der Wirtschaftsprüfer war von Martinz und dem damaligen Landeshauptmann Jörg Haider beauftragt worden, die Interessen des Landes beim Verkauf der Hypo-Mehrheit an die BayernLB im Jahr 2007 zu wahren. Beide Politiker waren nicht berechtigt, für die Landesholding Verträge abzuschließen.

Begründet wird die Honorar-Übernahme durch die Holding allerdings mit "nützlicher Geschäftsführung ohne Auftrag". Die Landesholding hätte sonst selbst eine Investmentbank beauftragen müssen, erklärten mehrere der Verteidiger beim Prozessauftakt. Das wäre weit teurer gekommen, wie Martinz betont.

Alle Angeklagten bestreiten sämtliche Vorwürfe. Der Landesholding wäre kein Schaden entstanden, lautet der Tenor. Die Vorstände hätten sich zudem auch vor der Auszahlung des Honorars mit mehreren Gutachten renommierter Experten abgesichert.

Der Interpretation dieser Gutachten wird im Verfahren wohl eine zentrale Rolle zukommen. Der Sachverständige der Staatsanwaltschaft, der deutsche Jurist Frank Schäfer, hat teilweise Kritik daran geübt. Er hält maximal ein Honorar von 240.000 Euro (inklusive Umsatzsteuer) für angemessen - die Staatsanwaltschaft beziffert den Schaden für die Landesholding nun mit 5,7 Millionen Euro.

Umgekehrt hat der Grazer Wirtschaftsprofessor Waldemar Jud zuletzt in einer Art "Übergutachten" für die Landesholding erklärt, alles wäre in Ordnung gewesen.

"Mündlicher Auftrag"

Beim Prozessauftakt am Mittwoch wurde Martinz mehrere Stunden lang als Erster der Angeklagten einvernommen. Er erklärte, es sei klar gewesen, dass im Erfolgsfall der Begünstigte - also die Landesholding - das Honorar begleicht. Diese habe aus dem Verkauf mehr als 800 Millionen Euro eingenommen. Er habe keinen Druck auf die Übernahme des Honorars durch die Landesholding gemacht und sich auch in den Überprüfungsprozess durch den Vorstand nicht eingemischt.

Im Vergleich zu den Vorjahren, als sie das Verfahren einstellte, hat die Staatsanwaltschaft als neue Erkenntnis vorliegen, dass ein Brief, in dem Birnbacher sein Auftrag schriftlich erteilt wurde, erst nachträglich verfasst wurde.

Die Verteidiger betonen allerdings, dass der ursprüngliche Auftrag mit genau demselben Inhalt eben mündlich abgeschlossen und später verschriftlicht worden sei. Bei Untreue mit einem Schaden von mehr als 50.000 Euro beträgt das Strafmaß ein bis zehn Jahre Haft.

Vorerst sind neun weitere Verhandlungstage anberaumt. Das Urteil ist für Anfang August angekündigt.

Unterdessen hat die BayernLB im 200-Millionen-Euro-Schadenersatzverfahren gegen ihre am Hypo-Kauf beteiligten Ex-Vorstände einen Vergleichsvorschlag des Landgerichts München abgelehnt, das berichtete die Tageszeitung "Münchner Merkur". Die Richter hatten angeregt, sich auf 25 Millionen Euro zu einigen.