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Der Betriebsrat lobt den Chef als "Weltmeistertrainer" . . .

Von Helmut Dité

Wirtschaft

Die Verlängerung des Vertrags von VW-Konzernchef Martin Winterkorn gilt als sicher. | Wolfsburg. Das hat den Fußball-Fan Martin Winterkorn sicher besonders gefreut: Bei einer Betriebsversammlung im Stammwerk Wolfsburg hat der VW-Betriebsrat vor 14.000 Mitarbeitern den Konzernchef unlängst zum "Weltmeistertrainer" der Autobranche erklärt. "Sie haben auf dem Weg an die Spitze der Automobil-Industrie die Mannschaft hinter sich", sagte VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh und überreichte dem Vorstandschef ein Nummer-1-Trikot des Bundesliga-Fußballklubs VfL Wolfsburg mit dem Aufdruck "Winterkorn - Weltmeistertrainer".


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Auch wenn die VW-Fußballer nach dem sensationellen deutschen Meistertitel 2009 nun wieder eher im Mittelfeld herumkrebsen - dem 63-jährigen Winterkorn stärkte der Betriebsrat damit den Rücken für eine Verlängerung seines Ende 2011 auslaufenden Vertrages. Üblicherweise wird ein derartiger Vertrag ein Jahr vorher verlängert - oder nicht. Laut "Handelsblatt" ist Winterkorns Vertragsverlängerung aber bereits eine ausgemachte Sache.

Osterloh sagte, noch nie in den letzten zwölf Jahren sei die Auslastung im VW-Stammwerk so hoch wie heute gewesen. "Heuer werden wir in Wolfsburg noch mehr Fahrzeuge bauen als 2009." Das Stammwerk sei "ein Flaggschiff moderner Automobil-Produktion": Die ganze Branche guckt auf Volkswagen", so der Betriebsratsvorsitzende.

Der 63-jährige Winterkorn steht seit Anfang 2007 an der Spitze des VW-Konzerns. Seitdem zeigt die Gesamtbilanz deutlich nach oben, VW fährt erfolgreich durch die schwere Branchenkrise und gewinnt weltweit Marktanteile.

Winterkorns großes Ziel ist es, VW an die Spitze der größten Autobauer der Welt zu setzen. Im eigentlich pensionsreifen Alter ist er jetzt auf dem Gipfel seiner Karriere angekommen: Als Vorstandschef des Volkswagenkonzerns und von Porsche ist er der mächtigste Konzernlenker der deutschen Autoindustrie, 400.000 Mitarbeiter hören weltweit auf sein Wort, in Russland, China und den USA hat er neue Fabriken auf den Weg gebracht, in Bratislava wird demnächst eine völlig neue Generation von Kleinwagen anlaufen.

"Ein Produktmann"

Der Schwabe Winterkorn - er ist verheiratet und Vater zweier Kinder - machte seine Karriere im Schlepptau von VW-Patriarch Ferdinand Piëch. Der promovierte Physiker und Materialexperte kam 1981 nach vier Jahren bei Bosch zu Audi in die Qualitätskontrolle. Piëch machte die verschlafene Marke Audi damals gerade mit einer Technikoffensive zur Perle des VW-Konzerns. 1990 wurde er Leiter der Audi Qualitätssicherung, 1993 oberster Qualitätschef im VW-Konzern. Diese Zeit prägt ihn immer noch: Die Verarbeitung von VW-Modellen gilt heute als um Längen besser als die vergleichbarer Konkurrenzautos. 1996 stieg Winterkorn als Chefentwickler in den Vorstand der Marke VW auf. Im Jahr 2000 holte ihn der damalige Konzernchef Piëch in den Konzernvorstand für den Bereich Forschung und Entwicklung.

Ein Knick der geraden Karrierelinie kam 2002: Piëch machte nicht ihn zu seinem Nachfolger als VW-Chef, sondern den früheren BMW-Chef Bernd Pischetsrieder. Winterkorn bekam stattdessen Audi.

Im Rückblick ist er vermutlich froh, dass er diese Schleife gezogen hat: Pischetsrieder musste den gesamten Ärger ertragen, den Piëch ihm hinterlassen hatte: Kampf mit der IG Metall wegen überhöhter Personalkosten, Sex-Skandal der Betriebsräte, falsche Modellpolitik in wichtigen Märkten.

"Ein Autounternehmen muss von einem Produktmann gelenkt werden", sagt Winterkorn: Viele Dinge gingen schneller und besser, weil sich der Vorstand auch technisch nichts vormachen lasse. Eine reine Finanzholding wie bei US-Wettbewerbern werde es bei VW nicht geben. Das Beispiel General Motors zeige, warum: Marken und Fahrzeuge hätten dort eine untergeordnete Rolle gespielt. Und in weiterer Zukunft? Winterkorn kann sich vorstellen, seinem "Ziehvater" Piëch auch als Aufsichtsratschef nachzufolgen, als "Weltmeister-Aufseher" sozusagen.