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Simmering hat mit Paul Stadler einen Freiheitlichen Bezirkschef. Erste Aufgaben: das Öffi-Netz und das Simmeringer Gemüse.
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Wien. Die FPÖ ist laut vorläufigem Endergebnis (ohne Briefwähler) im Flächenbezirk Simmering stärkste Partei. Damit wird mit Paul Stadler erstmalig in Wien ein Freiheitlicher den Bezirksvorsteher stellen. Die Roten wurden auf Platz zwei verdrängt. 43,47 Prozent fuhren die Blauen in Simmering ein, ein Plus von 9,26 Prozentpunkten. Die SPÖ büßte 9,19 Prozentpunkte ein und hält nun bei 40 Prozent. Um zu erklären, wie der neue Simmeringer Bezirkschef Stadler dieses Ergebnis erlebt hat, dafür muss man die Zeit ein wenig zurückdrehen.
FPÖ-Treffpunkt: das Simmeringer Auszeitstüberl in der Grillgasse. "Pauli"-Sprechchöre tönen durch das Lokal. Stadler ist umringt von Anhängern, die ihm auf die Schulter klopfen. Plötzlich huscht eine junge blonde Frau vor den Spitzenkandidaten und hält ihm ein T-Shirt an die Brust. "Bezirksvorsteher" steht in großen Lettern darauf geschrieben. "1110" darunter. "Noch müssen wir uns ein bisserl gedulden", beschwichtigt der gebürtige Simmeringer Stadler mit einem leichten Lächeln im Gesicht. Er hält das Leiberl bloß mit den Fingerspitzen, als gehöre es ihm nicht. Noch nicht. Es ist acht Uhr abends. Das Bezirksergebnis steht aus. Die FPÖ liegt im Zwischenergebnis knapp vor der SPÖ. Stadler scheint die Situation ein wenig unbehaglich zu sein. "Ich bleibe vorsichtig", sagt er und hält ein Bier in die Höhe. "Schon einmal danke, dass ihr alle für mich gelaufen seid."
"Das löst Unbehagen aus"
Aber ja, er wäre gerne Bezirksvorsteher, sagt Stadler dann. "Das wäre ein krönender Abschluss vor der Pension", so der 59-Jährige. Die lange Jahre rote Hochburg Simmering blau einfärben, das hätte schon was, erzählt er im Laufe des Abends immer und immer wieder. Sein Ziel sind 40 Prozent. Schon bei den Wiener Wahlen vor fünf Jahren legten die Freiheitlichen unter Stadler um 16 Prozentpunkte zu und hielten bei 34,2 Prozent. Die Sozialdemokraten rutschten mit einem Minus von mehr als elf Prozentpunkten auf 49,2 Prozent.
Wenige Stunden nachdem die Simmeringer FPÖ-Anhänger ihren "Pauli" erstmals feierten, gab es Gewissheit. Simmering ist blau. Mehrheitlich kamen die zusätzlichen Stimmen laut dem deutschen Institut für Wahl-, Sozial- und Methodenforschung von den Nichtwählern und der SPÖ. Stadler ist "beeindruckt". Er spricht von "einer großen Verantwortung, die auf ihn zukommt."
Dann setzt Stadler eine ernste Miene auf. Kindergärten, Kindertagesheime, Straßen, Verkehrsanlagen, Kanäle, Seniorenheime und etwas Kultur. Das seien seine Aufgaben als Bezirksvorsteher. "Einen Job oder eine Wohnung kann ich niemandem besorgen", sagt er. Auch beim klassischen FPÖ-Thema Flüchtlinge möchte er ehrlich sein. "Das wird bei mir ähnlich laufen, wie unter den Sozialdemokraten." Was Stadler machen kann, ist, die Simmeringer besser darüber zu informieren, wo Flüchtlinge hinkommen und wie viele. Das hätte die Bezirksregierung vernachlässigt. "Wenn einige hundert Flüchtlinge in Simmering herumlaufen, macht das nervös und löst Unbehagen im Bezirk aus", sagt er. "Wenn die Simmeringer informiert werden, reagieren sie bestimmt nicht so negativ." Stadler vertritt auch die Idee, Gemeindewohnungen besser zu ordnen. Damit nicht Pensionisten, die früh schlafen gehen, neben den Migranten wohnen, die abends erst aufstehen. Damit könnte man Konflikte eindämmen.
Referendum über Gärtnereien
Völlig zufrieden ist er mit den Freiheitlichen übrigens nicht, auch wenn er die Parteilinie grundsätzlich mitträgt. Die Protestaktion der FPÖ-Landstraße gegen ein Flüchtlingsheim bezeichnete er als "dumm". Andererseits goutiert er Plakate, die provozieren. Manchmal braucht es das, damit sich etwas bewegt.
Bewegung wollte Stadler ursprünglich eigentlich in die SPÖ oder ÖVP bringen. Die Karriere bei den Freiheitlichen passierte für Stadler, der in einem "politisch neutralen" Elternhaus aufwuchs, zufällig. Mitte der 1970er Jahre übernahm Stadler den väterlichen Betrieb, - einen Flüssiggashandel. Diesen wollte er auch in der Wirtschaftskammer vertreten und fragte bei SPÖ und ÖVP an. Doch beide Parteien setzten den heute blauen "Pauli" auf aussichtslose Listenplätze. "Da hätte ich Jahre gebraucht und hätte nichts bewegen können", sagt er. Später klopften plötzlich die Freiheitlichen bei ihm an. "Dort habe ich eine Chance bekommen." Dort stand Stadler plötzlich auf dem ersten Listenplatz und zog für die Freiheitlichen in die Wirtschaftskammer ein. Dann folgte der Sprung in die Bezirkspolitik. 1991 wurde er FPÖ-Bezirksrat, seit 1996 arbeitet er als stellvertretender Bezirksvorsteher in Simmering. Dort möchte er auch bleiben. "Der Landtag ist nichts für mich", sagt er. "Helfen kann ich nur direkt im Bezirk."
In Simmering warten bereits Stadlers erste Aufgaben als neuer Bezirkschef. Er möchte im Elften eine Verbesserung der Öffi-Linienführung. Und auch das Simmeringer Gemüse ist ihm ein Anliegen. "Weil es so viel besser schmeckt und knackiger ist als anderswo", sagt Stadler. Er möchte ein Referendum durchführen, ob die Gärtnereien auf der Simmeringer Haide erhalten werden sollen oder Wohnraum gebaut werden soll. "Wien wächst. Irgendwo müssen die Menschen wohnen. Aber das sollen meine Simmeringer entscheiden." Die Simmeringer SPÖ war für die "Wiener Zeitung" für Stellungnahmen nicht erreichbar.