Zum Hauptinhalt springen

Der Blues des Frauengeschlechts

Von Koura Bagassi

Politik

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Sie hatten mehr erwartet. Nun werden doch nur elf von ihnen im Parlament sitzen. Wird man eines Tages in Burkina Faso die Verdienste des anderen Teiles der Menschheit anerkennen können? Immerhin hatten die Frauen sich am 5. Mai, mehrere Tage vor den Parlamentswahlen, für ihre Sache zusammengetan. Die guten Absichten der politisch Verantwortlichen sollten für sie nicht mehr leere Versprechungen bleiben.

Durch das Projekt "Recht und Bürgerschaft der Frauen im frankophonen Afrika" unterstützt, hatten sich die Frauen in Burkina Faso bei den etwa 30 Parteien, die zu den Parlamentswahlen zugelassen waren, dafür eingesetzt, die Zahl der Frauen auf den Listen zu vergrößern. Der Erfolg der Initiative war dann immerhin so groß, dass laut unabhängiger nationaler Wahlkommission (CENI) von 3.000 Kandidaten etwa 400 Frauen aufgestellt wurden, das waren etwa 13,25 Prozent. Ein echter Rekord. Trotzdem war das Wahlergebnis ziemlich mager. Nur elf Frauen wurden als Abgeordnete gewählt. Vorher waren es sieben gewesen.

Unser Kampf wird sich eines Tages lohnen. Leider sieht es im Augenblick so aus, als ob die Gesellschaft dem Schicksal der afrikanischen Frauen mit Gleichgültigkeit begegnet", kommentierte Josephine Tamboura, eine Feministin aus Burkina Faso. Diese Situation spiegelt eine allgemeine Haltung: Für Frauen gibt es keinen bevorzugten Platz in der afrikanischen Gesellschaft. Laut offiziellen Angaben sind nur 1,35 Prozent der Hochkommissare, 3 Prozent der Minister und 2,43 Prozent der Bürgermeister in Burkina Faso Frauen. Unter den 100 Gewerkschaftsführern gibt es nur eine Frau. Der Analphabetismus betrifft Frauen besonders stark, vor allem in den ländlichen Gebieten. Laut dem Bericht des UNDP für das Jahr 2000 sind in Burkina Faso von den 77,8 Prozent Analphabeten 85 Prozent Frauen.

Die Unterrepräsentation von Frauen in Entscheidungsgremien wird die Zukunft des Landes stark beeinflussen. Sie ist auch eine der Ursachen von Armut So tragen zum Beispiel in Burkina Faso, aber auch in vielen anderen afrikanischen Ländern "die Frauen durchschnittlich den Gegenwert von 26 Tonnen pro Kilometer pro Jahr (vor allem Wasser und Brennholz) und Männer nur 7 Tonnen pro Kilometer" stellt die Weltbank im Bericht "L'Afrique peut-elle revandiquer sa place dans le 21ème siècle" ("Kann Afrika seinen Platz im 21. Jahrhundert beanspruchen?") fest.

Leider ist die afrikanische Gesellschaft trotz der wichtigen Rolle der Frauen in der Wirtschaft noch immer nicht bereit zu akzeptieren, dass der Frau auch eine wichtige Funktion in der Gesellschaft zusteht. Mehr als je zuvor stellt sich für Burkina Faso, das sich für die Reduktion der Armut im kommenden Jahrzehnt einsetzt, die Frage des Geschlechtes als unumgängliche dar.

Koura Bagassi ist Korrespondent von "Radio Afrika" in Westafrika mit Sitz in Burkina Faso.