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Die Warner vor einem EU-Austritt haben Hochkonjunktur – in Großbritannien und hierzulande. Doch bei nüchterner Betrachtung des Themas erscheinen die Chancen größer als die Risiken.
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Die Warner vor einem EU-Austritt haben Hochkonjunktur - in Großbritannien und hierzulande. Doch bei nüchterner Betrachtung des Themas erscheinen die Chancen größer als die Risiken.
Am Donnerstag entscheiden die Briten über den Brexit, also den Austritt aus der EU. Die Elite - von Premier David Cameron bis zum Internationalen Währungsfonds - warnt mit Horrorszenarien davor. Doch anders als bei uns sind in Großbritannien viele Politiker etablierter Parteien, Journalisten, Wirtschaftstreibende und Ökonomen für den Gang in die Unabhängigkeit. So erstellte die Initiative "Business for Britain" mit hunderten Wirtschaftsbossen eine mehr als 1000-seitige Studie, deren Kernsatz lautet: "Großbritannien würde außerhalb der EU aufblühen." Durch das Abkommen in der Welthandelsorganisation WTO hätten die Unternehmen weiter einen guten Zugang zum EU-Markt. Da sich Großbritannien Milliardenzahlungen an Brüssel ersparen würde, könnte dieses Geld zur Ankurbelung der britischen Wirtschaft verwendet werden. Jede Familie hätte durch den EU-Austritt demnach im Durchschnitt 933 Pfund (umgerechnet 1185 Euro) pro Jahr mehr in der Tasche.
Noch mehr profitieren würden von einem EU-Austritt Euro-Mitglieder wie Österreich. Dies ergab eine Studie des renommierten britischen Wirtschaftsforschungsinstituts Capital Economics aus dem Jahr 2014. Dieses errechnete für die Niederlande, dass bei einem EU-Austritt jedem Haushalt im Schnitt tausende Euro mehr überblieben als derzeit in der EU. Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Die EU-Mitgliedsbeiträge fielen weg.
- Eine eigene Handelspolitik wäre möglich (zum Beispiel ohne Russland-Sanktionen).
- Eine eigene Währung wäre stabiler als der schwache Euro.
- Die Migration aus Afrika und Asien könnte gestoppt werden.
- Außerdem hätte der Brüsseler Bürokratiedschungel ein Ende.
Efta-Ländern geht es besser
Für Österreich existiert eine Studie des deutschen Staatsrechtsprofessor Karl Albrecht Schachtschneider mit ähnlichen Ergebnissen. Auch die Praxis zeigt, dass es den Efta-Mitgliedern Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein weit besser geht als dem EU-Mitglied Österreich. Island hat sich beispielsweise weltweit am schnellsten aus einer schweren Krise erholt - unter anderem, weil es seine eigene Währung abwerten und so die Wirtschaft wieder ankurbeln konnte. Dennoch ist speziell bei uns Angstmache angesagt: Spitzenpolitiker warnen vor zehn- oder gar hunderttausenden zusätzlichen Arbeitslosen im Falle eines EU-Austritts.
Interessanterweise gab es vor allen Volksabstimmungen über EU-Themen ähnliche Prognosen, die sich danach als falsch herausstellten. So warnte der damalige Schweizer Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz vor der Volksabstimmung über den Beitritt zum EU-Vorhof EWR (Europäischer Wirtschaftsraum) 1992 im Falle eines Neins vor "bis zu 20 Prozent Arbeitslosigkeit". Fast 25 Jahre später ist die Schweiz weder EWR- noch EU-Mitglied, hat zwei Drittel weniger Arbeitslose als Österreich und in allen Belangen die besseren Wirtschaftsdaten.
Ohne EU kein Euro-Desaster
Großbritannien macht vielleicht den Anfang. Österreich sollte folgen - zumindest damit, das Volk zu befragen. Alleine die Haftungssumme von mehr als 50 Milliarden Euro für die EU-Banken- und Euro-Rettung wäre Grund genug dafür. TTIP, Ceta oder TiSA ebenso, denn hier geht es nicht um eine Anhebung des Wohlstands, sondern vor allem um die Senkung der Standards. Übrigens: Nicht die EU-Armee oder die Nato sichert den Frieden, sondern die Neutralität. Auch in diesem Punkt ist die Schweiz das beste Beispiel.