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Der Brexit und die Banken

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Als ziemliches Paradoxon stellen sich in Europa die Nationalstaaten heraus, obwohl deren Vertreter in Großbritannien eigentlich einen Sieg errungen haben. Doch nun zeigt sich, dass nicht alle im Vereinigten Königreich damit zufrieden sind. Schottland will unbedingt in der EU bleiben und hat auch mit mehr als 62 Prozent für einen Verbleib gestimmt. Das Beispiel zeigt die Schwäche der Nationalstaaten im Konzept. Und auch beim aktuellen EU-Gipfel wird sie offenbar. Die Regierungschefs der 28, bald 27 Nationalstaaten in der EU berieten, wie es denn nach dem Brexit weitergehen könne. Das Ergebnis war dürftig.

Ein wichtiger Grund liegt - neben dem geringen Bedürfnis der nationalen Regierungen, Macht einzubüßen - in den Finanzmärkten.

Die Großbanken haben ihr Geschäft weitgehend europäisiert, manche sogar globalisiert. Doch die Bonität dieser Großbanken beeinflusst nach wie vor empfindlich die Bonität des jeweiligen Sitzlandes. Die Unicredit macht den Großteil ihrer Gewinne außerhalb Italiens, doch ein Unicredit-Problem würde zuerst Italien beeinträchtigen. Daher ist der Plan einer vollständigen Bankenunion, den EZB-Präsident Mario Draghi massiv vorantreibt, auch so wichtig. Wenn die Großbanken endgültig auf eine europäische Ebene gehoben werden, entspannt sich die Situation für die Nationalstaaten. Bis jetzt muss auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble, und der ist in einer vergleichsweise komfortablen Situation, mit einem Auge auf die Deutsche Bank schauen. Das tat er auch - wie das Beispiel Griechenland-Rettung zeigte.

Die Vollendung der Bankenunion würde die Nationalstaaten aber nicht nur entlasten, sondern natürlich auch schwächen. Daher sind sie es auch, die sich am heftigsten dagegen wehren - siehe europäische Einlagensicherung.

Der Brexit sollte eigentlich allen klargemacht haben, dass dies kein Konzept ist. Denn die größten Verlierer dabei werden die britischen Großbanken sein. Deren Währung, das Pfund, wird an Bedeutung verlieren. Um den verlorenen Anschluss an Dollar und Euro zu kompensieren, werden sie Geschäft verkaufen müssen. Vorbei ist es mit der Herrlichkeit der Londoner City. Und warum? Weil ein EU-Nationalstaat eine nationale Entscheidung getroffen hat, die nicht mit einem internationalen Geschäft übereinstimmt. Die viel gescholtene EU hat eher versucht, dies zu verhindern.