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Budgetverhandlungen sind wie Mikado - wer sich zuerst bewegt, hat schon verloren.
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Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat einmal gemeint, "bei den Budget-Verhandlungen handelt es sich um einen rituellen Tanz". Keiner bewegt sich, erst kurz vor Abschluss erkennt man, wo die roten Linien wirklich liegen.
Es gibt "Nego-Boxen" (Verhandlungs-Positionen), Zahlen schwirren durch die Luft, in den Budgetentwürfen finden sich Positionen wie "Heading 1a" (Kohäsion), "Heading 2" (Agrar, Umwelt) und Akronyme wie MFF (Multiannual Financial Framework, mehrjähriger Finanzrahmen) oder EAR (Emergency Aid Reserve, Reserven für die Katastrophenhilfe) - kurz: das Thema EU-Budget ist eher hermetisch und sperrig.
Einem hohen EU-Beamten gelingt es, die Ausgangslage und die Dramaturgie der Verhandlungen durchaus lebendig zu schildern: Der Finanzrahmen, meint der mit der Materie bestens vertraute Beamte, "ist so etwas wie eine Kreditkartenobergrenze. Über die dürfen wir hier in Brüssel nicht hinausgehen." Zuerst verhandeln die Diplomaten, aber dort wird wenig entschieden: Im Rat der ständigen Vertreter, wo die Botschafter der einzelnen EU-Staaten die Interessen ihrer Länder vertreten, seien "die roten Linien nur so durch die Luft gesegelt".
Einmal mehr seien die Briten die Hauptblockierer gewesen: Sie hätten gesagt, der Finanzrahmen soll auf dem Zahlungsniveau von 2011 liegen. Eine Nichteinigung wäre für den konservativen britischen Premier David Cameron aber nicht ungefährlich, weil sie die Dynamik in Richtung eines Austritts der Briten aus der EU beschleunigen könnte. Der britische Vorschlag liegt rund 50 Milliarden Euro unter dem, was andere Nettozahler bereit sind, auf den Tisch zu legen. Der Kommissionsbeamte meint, dass der Spielraum Camerons wohl nicht sehr groß ist. "Und dass er nach Brüssel zurückkommt und meint: Um des lieben Friedens willen zahlen wir halt mehr, ist auch unrealistisch."
Der Komissionsbeamte sieht aber eine gesichtswahrende Möglichkeit für Cameron: Er könne sich hinstellen und sagen, er habe eine reale Kürzung durchgesetzt.
"I want my money back" war 1984 das Motto von Margret Thatcher, mit dem sie den bis heute gültigen Britenrabatt durchgesetzt hat. Seither tobt in Europa eine Rabattschlacht, auch Österreich profitiert: 180 Millionen Euro an Beiträgen wurden Österreich 2011 erlassen.
Der österreichische EU-Beitragsrabatt machte 2011 rund 180 Millionen Euro aus. Nach den bisher bekannten Plänen soll dieser Rabatt für Österreich fallen. "Wenn Österreich einen Rabatt fordert, muss Kanzler Faymann in die Augen der anderen Nettozahler-Staats- und Regierungschefs Angela Merkel, François Hollande oder Mario Monti blicken und sagen, meine Nettoposition ist besser als eure, dennoch will ich weiter den Rabatt. Da wünsche ich ihm viel Glück."