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Der Bund als Holding

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Offenkundig überlegen die Koalitionsverhandler derzeit, die Lehrer-Pläne einer "Verländerung" auch auf andere Bereiche auszudehnen. Wie die "Wiener Zeitung" exklusiv berichtete, bekämen die Länder die Lehrer in ihre hoheitliche Verwaltung übertragen. Das könnte auch auf andere Verwaltungsbehörden ausgedehnt werden, die derzeit in den Bundesländern als Bundesstellen arbeiten. Der Bund würde bildlich gesprochen zu einer Art Holding, die neun Länder wären die operativen Verwaltungs-Gesellschaften.

Den Landeshauptleuten mit ihrer Weisungsbefugnis würde so mehr Macht, aber auch mehr Verantwortung auferlegt. Eine derartige Staatsreform benötigte die Änderung von Verfassungsgesetzen, im Nationalrat wäre dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit einzuholen, von der SPÖ und ÖVP deutlich entfernt sind.

Nun sind die Bundesländer derzeit eher dafür bekannt, grundsätzlich spendabel mit Steuergeld umzugehen. Noch mehr Macht könnte also noch mehr Ausgaben nach sich ziehen, dementsprechend zurückhaltend sind die Oppositionsparteien. Die Gefahr, dass das ohnehin kleine Österreich in neun Teilrepubliken zerfällt, ist tatsächlich nicht von der Hand zu weisen. Und in manchen Bereichen - wie der Gesundheit - ist eine Landesgrenze innerhalb Österreichs undurchdringlicher als Staatsgrenzen (die werden von den EU-Bestimmungen durchlöchert).

Wenn also Holding, dann muss es eine klare Steuerungsholding sein: Vom Bund kommen die gemeinsamen Rahmenbedingungen, aber für deren Einhaltung sind die Länder zuständig.

Das wäre tatsächlich eine Revolution, denn es würde die Pfeiler, auf denen Österreich ruht, neu setzen. Landesregierungen würden auf-, Landtage dagegen abgewertet werden. Die Ministerien hätten weniger zu verwalten, aber der Nationalrat müsste bei den Gesetzen deutlich strategischer agieren, als es derzeit der Fall ist.

Die Umsetzung des Vorschlags steht also in den Sternen.

Denn die Landeshauptleute müssen erst dagegen ankämpfen, als sture Machtpolitiker dazustehen. Die Landeshauptleute-Konferenz, ein Gremium, das in der Verfassung gar nicht vorkommt, hat sich schon oft die Freiheit genommen, Reformen zu blockieren. Transparenz und demokratische Legitimation ist aber für jede Art von Staatsreform Voraussetzung - egal in welche Richtung sie sich bewegen wird.