Endlich, endlich geht es nach langer Zeit wieder einmal um richtige Politik! Schluss mit lächerlichen Neuwahlgerüchten und anderen Befindlichkeiten der großen Koalition; gar nicht zu reden von den Peinlichkeiten des permanenten freiheitlichen Kleinkriegs, der selbst vor tiefsten Anwürfen nicht zurückschreckt (von sommerlichem "Schneegestöber" bis zu Anspielungen auf die sexuelle Orientierung).
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Bei den nun beginnenden Verhandlungen über einen neuen Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden geht es um die Essenz von Politik: um die Aufteilung von sehr, sehr viel Geld - 280 Milliarden, um genau zu sein.
Hier ist daher auch der Ort, an dem die Regierung ihre Sehnsucht nach großen Reformen leben kann. Die Ergebnisse von Finanzausgleichsverhandlungen haben nämlich mehr konkret spürbare Folgen für die Lebensrealität der Bürger als so manches Wahlergebnis.
Dass diese Behauptung nicht übertrieben ist, zeigen Pflege und Mindestsicherung. Beide wurden vollmundig von der Bundespolitik versprochen und beschlossen - allein ihre Umsetzung hängt am Konsens mit Ländern und Gemeinden. Legen die sich quer, geht im Staate Österreich - fast - gar nichts mehr.
Nun ist schon die schwarz-blaue Regierung bei den Verhandlungen zum letzten Finanzausgleich angetreten, um dessen zunehmend anachronistische Mechanismen zu reformieren. Am Ende mussten Schüssel, Grasser und Finz angesichts der geschlossenen Länderfront klein beigeben. Mehr als eine simple Fortschreibung des bestehenden Systems war nicht möglich.
Dessen ist sich auch Finanzminister Wilhelm Molterer nur zu gut bewusst, immerhin verfolgte er die unsanfte Landung der hochschwebenden Reformpläne damals vom Sessel des Klubobmanns hautnah mit. Das äußert sich nicht zuletzt darin, dass er selbst die Chancen auf einen großen Strukturreform-Wurf realistisch - und das heißt in diesem Zusammenhang: gering - einschätzt.
Die derzeit dank der boomenden Konjunktur sprudelnden Steuereinnahmen helfen sicherlich bei einer Einigung in den großen Brocken Gesundheit, öffentlicher Nahverkehr, Pflege und Mindestlohn. Leicht wird eine Einigung mit Sicherheit dennoch nicht. Alle genannten Bereiche verfügen über eine Kostendynamik, die weit größer ist als das BIP-Wachstum. Die Länder werden sich diese Bürde teuer abgelten lassen.
Hinzu kommt, dass die Länder eifersüchtig über den eigenen finanziellen Gestaltungsspielraum wachen - Stichwort Wohnbauförderung. Der Vorarlberger Landeshauptmann hat daran - unzweifelhaft im Namen aller Länder - keinen Zweifel aufkommen lassen. Molterer kann froh sein, wenn er 50 Prozent seiner Vorstellungen durchbringt. Wahrscheinlich hat er auch deswegen mit Reformzielen nicht gegeizt. Der Basar der Interessen ist eröffnet. Seite5