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Der Charme einer sanften Landung

Von David Ignatius

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Die USA sollten in Syrien nicht den gleichen Fehler machen wie im Irak, wo der soziale Zusammenhalt verloren wurde.


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Kann sein, dass es für Syriens Revolutionäre Zeit ist, ein Ja als Antwort vom syrischen Präsidenten Bashar al-Assad zu akzeptieren und den "verwalteten Übergang" der Macht unter UNO-Schirmherrschaft zu unterstützen, statt auf einen Bürgerkrieg zuzusteuern, der noch mehr Tote und noch mehr Zerstörung bringen wird? Syrien hat am Dienstag seine Bereitschaft erklärt, einen Friedensplan zu akzeptieren. Der Vorschlag hat viele Schwächen, er kann aber den Weg zu einer "sanften Landung" bereiten, die Assad entmachtet, ohne die Stabilität des Landes zu erschüttern.

Ja, ich gebe zu, dass gemäßigte diplomatische Lösungen wie diese etwas für Schwächlinge sind. Wir sollten aber aus der jüngsten Geschichte des Nahen Ostens lernen und eine nichtmilitärische Lösung für Syrien suchen. Ein Friedensdeal würde auch Russland und China eine Hauptrolle einräumen. Für mich geht das in Ordnung: Wladimir Putin bekommt eine Konfettiparade, wenn er es schafft, einen relativ friedlichen Abgang für Assad vermitteln zu helfen.

Die Gründe für diesen behutsamen, geführten Übergang lassen sich mit einem Wort mit vier Buchstaben zusammenfassen: Irak.

Beim Irak-Krieg war einer der schlimmsten Fehler, dass die USA nach dem Sturz von Saddam Hussein die staatlichen Strukturen und Armee des Landes weiter zerstörten. Ohne diese Institutionen hatte der Irak keine Stabilität, die Iraker zogen sich zur Selbstverteidigung auf Sekten und Stämme zurück. In diesem Sinn versetzte die US-Invasion den Irak unbeabsichtigt und tragischerweise in der Zeit zurück. Das Land hat ein gewisses Maß an Demokratie gewonnen, aber den sozialen Zusammenhalt verloren.

Die USA sollten in Syrien nicht den gleichen Fehler machen. Wir haben den Film schon einmal gesehen. Wir wissen, er führt zu einer Art Gesetzlosigkeit, die sich sehr schwer umkehren lässt. Und wir wissen, dass trotz aller Perversionen Assads und seiner Baathist-Schläger der syrische Staat und die Armee nationale Einrichtungen sind, die über die regierende Familie hinausgehen.

Ich rechne es der Regierung von US-Präsident Barack Obama hoch an, nicht in den wachsenden Chor der Rufe einzustimmen, die syrischen Rebellen zu bewaffnen, und ebenso, dass sie weiterhin die Hilfe Moskaus sucht, auch nach dem Schleifenlassen der Russen, das US-Außenministerin Hillary Clinton als "verachtenswert" bezeichnete.

Es ist Zeit für Realpolitik: Der Westen braucht Russlands Hilfe, Assad ohne Bürgerkrieg abzusetzen, und Russland muss einen Übergang vermitteln, um seinen künftigen Einfluss in der arabischen Welt zu stärken. Die Alternative zu einer diplomatischen "sanften Landung" ist ein Krieg, der das ethnische Mosaik Syriens zertrümmert. Man kann sich leicht vorstellen, wie die sunnitischen Milizen die Kontrolle über Städte wie Homs, Hama und Idlib gewinnen, während die Alawiten sich in den Norden zurückziehen. In diesem Szenario könnte Assad immer noch beanspruchen, Präsident zu sein, aber er wäre nicht viel mehr als ein Warlord.

Übersetzung: Redaktion

Originalfassung "The appeal of a soft landing"