Finanzielles Standbein des Klosters ist vor allem der umfassende Grundbesitz.
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Wien/Herzogenburg.Wer durch das Außentor des Chorherrenstifts Herzogenburg tritt, wird von der prächtigen Barockfassade begrüßt, die seit kurzem in neuem Glanz erstrahlt. Propst Maximilian Fürnsinn führt gerne durch die ehrwürdigen Hallen und damit gleichzeitig durch die 900-jährige Geschichte des Stifts. Das Kloster ist aber nicht nur eine kulturelle Schatzkammer, sondern auch ein Wirtschaftsbetrieb.
Um den Erhalt des Stifts zu gewährleisten, sind die Chorherren von Herzogenburg wirtschaftlich breit aufgestellt. Vor allem der Grundbesitz ist ein wichtiges wirtschaftliches Standbein. Auf den 2300 Hektar Wald im Stiftsbesitz wird Forstwirtschaft betrieben. Zusätzliche 500 Hektar an landwirtschaftlicher Nutzfläche sind komplett verpachtet. Pächter des elf Hektar großen Weinguts ist Hans Jörg Schelling, Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und neuer ÖVAG-Aufsichtsratschef. Weitere wirtschaftliche Standbeine des Stifts sind ein Wohnhaus in Wien, eine Schottergrube und der Tourismus.
In letzterem Segment hofft Propst Maximilian im Zuge des 900-jährigen Jubiläums auf Zuwächse. In den vergangenen Jahren zählte das Stift Herzogenburg jährlich rund 7000 bis 8000 Besucher. Durch Ausstellungen der stiftseigenen Sammlungen und Kunstschätze möchte man im heurigen Jubiläumsjahr 40.000 Besucher anlocken. Bisher ist vor allem das - ebenfalls zum Stift Herzogenburg gehörende - Stift Dürnstein bei Krems mit jährlich 80.000 Besuchern das wichtigste Tourismusstandbein.
Aus diesen Wirtschaftszweigen erzielt das Stift jährlich einen Ertrag von insgesamt etwa einer Million Euro. Damit sei man im gesamtösterreichischen Vergleich eher ein wirtschaftliches Schlusslicht, bemerkt Propst Maximilian. Scherzhaft fügt er hinzu: "Die Wirtschaftsleistung von Her-
zogenburg entspricht der Portokassa von Klosterneuburg."
Neuer Glanz kostet Geld
Der Ertrag fließt vor allem in die Erhaltung des Klosters. Pünktlich zum 900-jährigen Jubiläum wurde der Gebäudekomplex innen wie außen umfassend restauriert. Die Kosten dafür belaufen sich auf zehn Millionen Euro, wovon das Stift etwa die Hälfte selbst aufbringt. Der Bund übernimmt 18 Prozent, das Land Niederösterreich weitere 30 Prozent. "Den Großteil unseres Anteils zahlen wir mit Rücklagen, die wir über Jahre angespart haben", sagt Fürnsinn. Zudem ist das Stift zu einem Drittel an der Instandhaltung und Renovierung der Kirchengebäude der 14 zum Stift gehörenden Pfarren beteiligt.
"Die Mitbrüder selbst leben nicht vom Ertrag des Klosters", erklärt Propst Maximilian: "Die Augustiner-Chorherren sind kein Mönchsorden wie der namensverwandte Augustinerorden, sondern eine Priestergemeinschaft. Die Mitbrüder erarbeiten sich ihren Lebensunterhalt durch Tätigkeit in der Seelsorge und an Schulen."
"Jedem das, was er braucht", ist der Grundsatz für den Lebensunterhalt. Es gibt drei "Gehaltsklassen". Diejenigen, die einen Pfarrhaushalt außerhalb des Klosters betreiben, erhalten am meisten Unterhalt. Mitbrüder, die außerhalb arbeiten, aber im Kloster leben, befinden sich in der zweiten Gehaltsklasse. Diejenigen, welche im Kloster leben und arbeiten, bekommen am wenigsten Unterhalt, da sie am wenigsten benötigen. In die letzte Klasse fällt auch der Propst selbst. "Bei uns ist es genau umgekehrt wie in der Wirtschaft: Der Chef verdient am wenigsten", sagt er.
Exempt und autonom
Das Stift Herzogenburg ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Wie alle Abteien und Klöster in Österreich ist auch Herzogenburg exempt. Das heißt, dass es nicht der örtlichen Diözese, sondern direkt Rom unterstellt ist. Zudem ist das Kloster autonom, also auch in wirtschaftlicher Hinsicht vollständig eigenverantwortlich. Der Propst wird von der Versammlung aller 15 Mitbrüder, dem Kapitel, gewählt und ist an dessen Entscheidungen gebunden. Das Kapitel entspricht in etwa der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft, wie Fürnsinn erklärt, und entscheidet über alle Personal- und Finanzangelegenheiten. Bei kleineren Entscheidungen, unterstützt den Propst ein Kapitelrat. Fürnsinn ist außerdem Vorsitzender der Superiorenkonferenz, die Haupteigentümerin des Bankhauses Schelhammer & Schattera ist.
Das Stift Herzogenburg beschäftigt insgesamt 35 Angestellte. "Wir haben wie jedes Wirtschaftsunternehmen eine Verwaltungszentrale, die Buchhaltung und Lohnabrechnung erledigt", sagt Propst Maximilian. Zudem werden auch externe Wirtschaftsprüfer engagiert. Als Körperschaft öffentlichen Rechts ist das Stift steuerpflichtig. Unter die Steuerpflicht fällt allerdings nur der sogenannte Wirtschaftsbereich, also jener Teil der Gebäude, der wirtschaftlich genutzt wird. Gebäude mit kirchlicher Verwendung wie die Stiftskirche bilden den Hoheitsbereich und sind nicht steuerpflichtig. Allerdings ist für diese auch kein Vorsteuerabzug möglich. "Wir zahlen bei den Restaurierungsarbeiten daher mehr an Mehrwertsteuern als wir an staatlichen Subventionen erhalten", beklagt Fürnsinn. In den vergangenen Jahren sei der staatliche Beitrag auf fünf bis zehn Prozent der Kosten geschrumpft. Zudem seien insgesamt 350.000 Euro an bereits zugesagten Mitteln gestrichen worden. Die Diskussion um den Kirchenbeitrag betrifft die Klöster hingegen kaum, da dieser an die Diözese geht. Einzig die Arbeit der Mitbrüder wird von der Diözese und damit durch den Kirchenbeitrag entlohnt.
Die zahlreichen Kunstschätze und Sammlungen des Stifts tauchen übrigens nicht in der Bilanz auf, wie der Propst erklärt. "Zum einen ist deren Wert nur schwer bezifferbar, zum anderen sind diese Kulturschätze natürlich unverkäuflich."