Zum Pensionsantritt von Viktor Klima: Warum versagt einer, der in der Wirtschaft glänzt, ausgerechnet in der heimischen "Micky Maus"-Politik?
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Es waren noch andere Zeiten, als die SPÖ Viktor Klima auf ihren Schild hob. Luftschlösser von einem "dritten Weg" zwischen Kapitalismus und Sozialismus wurden gebaut. Deregulierung, Sozialreformen und Eigenverantwortung standen, sehr zum Ärger der Gewerkschafter vom alten Schlag, hoch im Kurs; die Wirtschaft, die Mechanismen von Angebot und Nachfrage, waren Vorbild, nicht Feindbild. Bill Clinton, Tony Blair waren Schöpfer und Prediger der neuen Lehre, Gerhard Schröder - unvergessen im Brioni-Mantel samt Kuba-Zigarre! - ihr Jünger; und Viktor Klima hatte den Ehrgeiz, der Vierte in diesem Bunde der linken Neuerer zu sein, die die Sozialdemokratie für die Aufsteiger der 80er und 90er Jahre wieder wählbar machen wollten.
Klimas eigene Vita wirkte zu diesem Vorhaben wie eine Blaupause. 1947 im tiefroten Schwechat geboren, trat er 1969 in die ÖMV ein, studierte Betriebswirtschaft und Informatik, arbeitete sich beharrlich im Ölkonzern hoch, bis er 1990 in der Vorstandsetage anlangte.
Das war natürlich eine Karriere ganz nach dem Geschmack des damaligen Kanzlers Franz Vranitzky, der einst selbst als roter Banker in die Regierung wechselte und der grau gewordenen SPÖ schicken Glanz verschaffte.
Bei Klima sollte es, so der Plan, ganz ähnlich laufen, nur dass sich Geschichte eben nicht wiederholen lässt. Zu Beginn lief noch alles wunderbar. 1992 holt Vranitzky den Manager als Verkehrsminister in sein Kabinett, und als Klima im Wahlkampf 1995 in einem TV-Duell mit Jörg Haider den Kanzler vertritt und sich blendend schlägt, steigt er erst zum Kronprinzen, dann Finanzminister und schließlich zum Kanzler auf. "Der Clinton aus dem Abendland" titelte der "Spiegel" 1997 anlässlich der Amtsübergabe von "tricky Vicky".
Doch ab dann ging es mit dem Sunnyboy-Image bergab. Der Versuch, die Methoden angelsächsischer Politikinszenierung 1:1 in Österreich umzusetzen, stießen nach einem kurzem Hype an ihre Grenzen. Es dauerte nicht lange, und der Shootingstar der Sozialdemokratie verkam in den Augen zahlreicher Medien zu einer Karikatur seiner selbst, zu einer ferngesteuerten Marionette in den Händen seiner PR-Berater. Bei den Nationalratswahlen 1999 stürzte die SPÖ mit Klima auf 33 Prozent ab, die FPÖ wurde zweitstärkste Kraft. Kurz darauf folgte die schwarz-blaue Wende . . .
In der Folge entschied sich Klima für den radikalen Bruch mit der heimischen Politik, wanderte nach Südamerika aus und startete von Buenos Aires aus seine dritte, nunmehr wieder höchst erfolgreiche Karriere als VW-Manager. Während er in Österreich noch einige Zeit das billige Ziel simpler Pointen blieb (durchaus auch in der eigenen Partei), avancierte er in Südamerika zum hofierten Manager eines Weltkonzerns, bei dem auch Staatschefs mitunter Rat suchten.
Schon witzig, dass man als Politiker im kleinen Österreich überfordert und gleichzeitig als Spitzenmanager eines globalen Unternehmens reüssieren kann. Vielleicht verlangt unser Parteiensystem einfach nur Qualitäten, mit denen man sonst nirgendwo etwas anfangen kann.