)
Wie man sich beim Einkauf klimabewusst verhalten könnte. | Wie viel Methan erfordert ein Steak? | Berlin. Wer das Klima möglichst wenig belasten will, steht spätestens beim Einkauf von Lebensmitteln ratlos im Laden. Fehlt doch auf der Kaffeepackung jeder Hinweis auf die Mengen Kohlendioxid, die der Genuss einer Tasse dieses Getränks zusätzlich in die Atmosphäre befördert. Denn Umweltbilanzen sind sehr aufwendig und bei einem Lebensmittelsortiment von tausenden Artikeln nicht so schnell zu bewältigen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Daher betrachten wir erst einmal nur die Klimabilanz und nicht den gesamten Einfluss auf die Umwelt", erklärt Matthias Finkbeiner. Der Forscher vom Fachgebiet Sustainable Engineering der Technischen Universität Berlin konzentriert sich zunächst auf Lebensmittel. "Carbon Footprint" nennen die Forscher diesen Wert, der mit "Kohlendioxid-Fußabdruck" übersetzbar ist.
Welche Auswirkungen hat es auf das Klima, wenn Regenwald gerodet wird und dort Ölpalmen gepflanzt werden, deren Öl als Margarine im Lebensmittelhandel landet? Wie beeinflusst der Dünger für ein Getreidefeld die Klimabilanz des später gebackenen Brotes? Bei diesen Fragen betrachtet Matthias Finkbeiner neben Kohlendioxid auch andere Treibhausgase. So entweichen aus Äckern manchmal auch geringe Mengen Lachgas. Ein Molekül davon aber hat ungefähr die gleiche Treibhausgaswirkung wie 300 Teilchen Kohlendioxid. Solche Gase rechnet Matthias Finkbeiner dann auf die Menge Kohlendioxid um, die eine vergleichbare Wirkung auf das Klima haben.
Der Apfel aus Chile
Natürlich werden alle weiteren Klimaeinflüsse auf dem Weg bis in den Einkaufswagen berücksichtigt: Wie viel Kohlendioxid entsteht durch den Strom, der eine Presse zur Herstellung von Orangensaft antreibt? Wie sieht die Klimabilanz der Verpackung für ein Steak aus? Welche Mengen des Treibhausgases Methan rülpst ein Rind pro hundert Gramm Steak in die Luft? Und wie viel Kohlendioxid verursacht der Transport eines Apfels von Chile nach Deutschland?
Am Ende der Rechnung hat Finkbeiner dann einen Kohlendioxid-Wert ermittelt, der so manche Überraschung bringen kann. So muss der Apfel aus Chile zum Beispiel keine schlechtere Klimabilanz haben als das deutsche Konkurrenzprodukt, wenn er im April im Supermarkt verkauft wird. Bis dahin sollte das einheimische Produkt bei konstanter Temperatur gelagert werden. Dabei aber kann unter Umständen mehr Kohlendioxid freigesetzt werden als durch die Schifffahrt von Südamerika nach Europa. Senkt man aber die Anforderungen an die Lagertemperatur, sinkt der Kohlendioxid-Ausstoß vielleicht unter die Transportbilanz für den Chile-Apfel und der Europäer ist im Hinblick auf das Klima wieder konkurrenzfähig.
Wenn der Kunde dann auch noch Wert auf Lebensmittel mit günstiger Klimabilanz legt, übt er gleichzeitig einen Druck aus, der am Ende zu einer Verbesserung der gesamten Klimabilanz führt. "Dabei sollte keineswegs der Verzicht im Vordergrund stehen", erklärt Matthias Finkbeiner, der gleichzeitig Präsident des "Life Cycle Assessment Comittee" der Internationalen Standardisierungsorganisation ISO und Projektleiter von "Carbon Footprint" der Vereinten Nationen ist. So ist der Klima-Fußabdruck von Rindfleisch erheblich größer als der von Putenfleisch. Ein Wechsel auf Geflügelgerichte bringt also einiges fürs Klima.
Siehe auch:Kommentar: Zigarette oder Rinder-Steak