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Strittige Kapitalerhöhung 2004 - ein Schaden oder ein Gewinn?
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Klagenfurt/Wien. Es ist der bisher mit Abstand größte Versuch der Kärntner Hypo, vor Gericht Geld von Ex-Managern und Geschäftspartnern zu erstreiten - nun hat der Countdown in Zusammenhang mit der Ende August eingebrachten Schadenersatzklage über 48 Millionen Euro begonnen. Die erste Verhandlung wurde für den 31. Jänner 2012 festgelegt, wie Alexander Schmidt vom Handelsgericht Wien der "Wiener Zeitung" bestätigte.
Für den Prozessstart ist der größte Verhandlungssaal reserviert. Wie berichtet, gibt es zwölf Beklagte - darunter die früheren Hypo-Vorstände Wolfgang Kulterer, Günter Striedinger und Josef Kircher sowie zwei ehemalige Geschäftspartner beziehungsweise Berater der Bank. Außerdem hat die Hypo sieben Stiftungen und Firmen aufs Korn genommen. Bei diesen handelt es sich um Käufer von Vorzugsaktien der Bank im Jahr 2004.
In der Klage, die der "Wiener Zeitung" vorliegt, behauptet die Hypo, aus der Kapitalerhöhung "keinen Nutzen" gehabt zu haben, stattdessen sei sie "massiv geschädigt" worden. Die Bank fordert die Zahlung einer Schadenssumme von 37 Millionen Euro. Darüber hinaus begehrt sie die Feststellung der Haftung der Beklagten für potenzielle künftige Schäden. Beziffert sind diese "vorerst" mit 11 Millionen Euro. Alle Beklagten haben diesen Teil des Streitwerts als zu hoch beeinsprucht. Außerdem wird argumentiert, dass die Hypo International gar nicht berechtigt sei, die Klage einzubringen. Die Vorzugsaktien wurden nämlich von der Hypo Leasing emittiert.
Kern der Vorwürfe in der Klage ist, dass die Hypo den Aktienkauf mit Krediten selbst finanziert und das eingenommene Geld als Eigenkapital verbucht hat. Dies wäre nicht zulässig gewesen, heißt es. Die Beklagten bestreiten dies und haben sich mit Privatgutachten gerüstet, um ihre Position zu untermauern.
Dividenden als Schäden?
Besonders auffällig ist die Höhe der behaupteten Schadenssumme: So wertet die Hypo alle bezahlten Dividenden von insgesamt 17,2 Millionen Euro als Schaden. Anders als in einer strafrechtlichen Anklage der Staatsanwaltschaft Klagenfurt findet hier offenbar kein Abzug jener Zinsen statt, die die Vorzugsaktionäre für ihre Kredite an die Hypo zahlten. Überhaupt beschränkt sich die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage gegen Kulterer, Striedinger und die beiden Berater (Ermittlungen gegen Kircher wurden eingestellt) auf den größten Vorzugsaktionär, der 55 Prozent der gesamten Emission kaufte. Hier sieht sie 5,5 Millionen Euro Schaden, die Hypo selbst spricht jedoch von 9,4 Millionen Euro.
Interessant ist auch, dass in der Schadenersatzklage davon die Rede ist, dass die Eigenmittel um 100 Millionen Euro - das volle Volumen der Kapitalerhöhung - zu hoch ausgewiesen worden seien. Tatsächlich hat es jedoch nur für 94,5 Millionen Euro eine interne Finanzierung gegeben.
Dennoch geht die Bank in einem - von den Betroffenen als besonders strittig gesehenen - Teil ihrer Klage von den vollen 100 Millionen Euro als Berechnungsbasis aus: Argumentiert wird, dass "der Fehlausweis der Eigenmittel" zu einer "Kreditausweitung von zumindest 1,25 Milliarden Euro" geführt habe. (Banken dürfen per Gesetz das 12,5-Fache ihrer Eigenmittel - in manchen Fällen auch mehr - als Kredite vergeben.)
Die Hypo hat nun eine durchschnittliche Wertberichtigungsquote für faule Kredite errechnet und kommt - aus den 1,25 Milliarden heraus - auf einen Schaden von rund 52 bis 94 Millionen Euro. In die geltend gemachte Schadenssumme haben rund 20 Millionen Euro Eingang gefunden.
Gerade die gegenteilige Rechnung stellt Klaus Hirschler von der WU Wien - Privatgutachter eines der Beklagten - an. Er sieht durch die Geschäftsausweitung aus Zinseinnahmen und -ausgaben einen positiven Effekt - und zwar von 25,85 Millionen Euro allein im Jahr 2006 als die Vorzugsaktienkonstruktion auf Druck der Aufsicht beendet wurde.
Enorm hohe Kosten
Kreditausfälle sind hier nicht einberechnet, umgekehrt scheinen für die Hypo aber die Zinsgewinne wenig relevant zu sein. Feststeht, dass der hohe Streitwert für enorme Kosten sorgt. Alleine die Pauschalgebühr für das Gericht beläuft sich auf rund 868.000 Euro. Dazu kommt, dass die Anwälte ihre Honorare auf Basis des Streitwerts berechnen. Alleine die für eine Stunde anberaumte vorbereitende Tagsatzung am 31. Jänner könnte Kosten im sechsstelligen Eurobereich verursachen. Ob etwas herauskommen wird, bleibt abzuwarten. Möglicherweise unterbricht der Richter das Verfahren bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils im Strafprozess.
Keine schiefe Optik sieht man im Hypo-Umfeld darin, dass die Bank ausgerechnet eine Anwaltskanzlei engagiert hat, in der ein Verwandter von Hypo-Chef Gottwald Kranebitter tätig ist. Es sei vereinbart, dass dieser mit dem Fall nichts zu tun habe.