Zum Hauptinhalt springen

Der Dicken Probleme mit der Mathematik

Von Frank Ufen

Wissen
Wer war wohl der bessere Mathematiker?
© Foto:corbis

Tests ergaben ein eindeutiges Resultat. | Verkümmertes räumliches Denken.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Marne/Holstein. Könnten Kinder schlecht in Mathematik sein, weil sie nicht zu den Schlanksten gehören? Das ist offenbar der Fall. Warum? Weil Kinder, die zu viele Pfunde auf die Waage bringen, häufig über ein ziemlich schwach entwickeltes räumliches Vorstellungsvermögen verfügen.

Zu dieser Erkenntnis gelangten Regensburger und Düsseldorfer Forscher unter Leitung der Sportwissenschafterin Petra Jansen. Sie berichten darüber in der Fachzeitschrift "Appetite - Multidisciplinary Research on Eating and Drinking". Jansen und ihr Team haben 16 übergewichtige und 16 normalgewichtige Kinder im Durchschnittsalter von zehn Jahren eine Reihe von Tests absolvieren lassen.

Überraschend ging dabei der mentale Rotationstest aus. Dabei wurden den Versuchspersonen auf dem Computer-Bildschirm Paare überdimensionaler Buchstaben präsentiert, wobei der eine im Verhältnis zum anderen um 30 Grad, 90 Grad oder 150 Grad gedreht war. Es galt, so schnell wie möglich zu entscheiden, ob der rechte Buchstabe jeweils mit dem linken identisch oder sein spiegelverkehrtes Gegenstück war. Der Test förderte einen fundamentalen Unterschied zutage. Zwar reagierten die übergewichtigen Kinder nicht langsamer. Doch ihre Fehlerquoten waren mehrfach so hoch. Je mehr die Buchstaben gedreht waren, desto größer waren die Leistungsunterschiede.

Jansen vermutet, dass es sich früher oder später rächt, wenn Kinder und vielleicht besonders Kinder, die einiges an Ballast mit sich herumschleppen müssen, sich nicht genug körperlich bewegen. Dieser Bewegungsmangel könne eine Beeinträchtigung ihrer motorischen und feinmotorischen Fähigkeiten nach sich ziehen. Das wiederum könne die Fähigkeit verkümmern lassen, räumlich zu sehen und zu denken und im Geist Gegenstände hin und her zu drehen - eine Fähigkeit, die zur Aneignung grundlegender mathematischer Fertigkeiten unabdingbar ist.

Mit einem miserablen räumlichen Vorstellungsvermögen braucht sich allerdings niemand abzufinden, denn man kann es trainieren. Auch das haben Jansen und ihr Team experimentell nachgewiesen.

Jongliertraining hilft

Sie ließen nach einem Test an 48 Erwachsenen die Hälfte der Probanden an einem drei Monate dauernden Jonglier-Kurs teilnehmen - denn die Gehirnareale, die beim Jonglieren aktiviert werden, entsprechen teilweise denjenigen, die bei Rotationstests aktiviert werden. Nach Abschluss des Kurses erfolgte ein zweiter Test. Dabei schnitt die Gruppe derjenigen, die Jonglieren gelernt hatten, erheblich besser ab als beim ersten, sie war der Kontrollgruppe, die kein Jonglier-Training erhalten hatte, deutlich überlegen.

Für Petra Jansen, weist die Studie darauf hin, "dass Bewegung nicht nur für die Physis sondern auch für andere Prozesse wichtig ist. Selbstverständlich muss man das Ganze differenziert betrachten, auf keinen Fall macht Bewegung per se schlau, auf keinen Fall sind übergewichtige Kinder per se dümmer!" Mehr Bewegung könne aber Denkprozesse fördern: "Wissenschaftlich gesehen stehen wir dabei erst am Anfang der systematischen Untersuchung der Fragestellung, welche Art von Bewegung denn welche kognitive Fähigkeit beeinflusst."