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Der drohende Bürgerkrieg bei den Republikanern

Von Thomas Hofer

Gastkommentare
Thomas Hofer ist Politik berater in Wien und hat in den USA Wahlkampf management studiert.

Barack Obamas Wahlsieg ist keine Überraschung. Die Republikaner sind den Wahlkampf falsch angegangen.


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Die meinungsstarken Rechtsaußen-Analysten der Republikaner werden es sich einfach machen: Der gescheiterte Präsidentschaftskandidat Mitt Romney wird ihnen nachträglich als viel zu moderat und "liberal" erscheinen, als dass er jemals eine reelle Chance gegen den Demokraten Barack Obama gehabt hätte. Das ist natürlich Unsinn. Die Probleme der Republikaner liegen woanders:

1. Die Demokraten haben nach 2008 erneut ihre technische und organisatorische Überlegenheit in Sachen Wahlkampfführung unter Beweis gestellt. Angesichts der katastrophalen Wirtschaftsdaten war die Bestätigung Obamas im Amt die eigentliche "uphill battle". Obamas Team hat diese Herausforderung gemeistert und die Enthusiasmuskluft in der eigenen Partei mit einem perfekten Negativwahlkampf gegen den "abgehobenen Multimillionär" Romney geschlossen. Während die Republikaner ihre reichlich vorhandenen Mittel in die ohnehin übersättigten TV-Märkte steckten, investierte Obama weit mehr als Romney in den technisch aufbereiteten "ground war", den direkten Wählerkontakt inklusive klassisches Klinkenputzen. Das hat sich ausgezahlt. Und die republikanischen Strategen müssen sich vorwerfen lassen, kampagnentechnisch nicht mehr auf der Höhe der Zeit zu sein.

2. Noch viel schwerer wiegt, dass die Republikaner auch ihre Zielgruppen betreffend im 20. Jahrhundert stecken geblieben sind. Ihre Wähler sind weiß, alt und männlich. Zukunftsperspektive bietet das keine: Die demografische Entwicklung geht klar in Richtung der weitaus breiter aufgestellten Demokraten, und das nicht nur, wenn es um die rasch wachsende Zielgruppe der Hispanics geht. Mit rückwärtsgewandten Positionen, etwa mit der Ablehnung einer Reform der Immigrationspolitik oder auch beim Thema Abtreibung, haben sich die Republikaner Chancen bei zentralen Wählerschichten genommen. Macht die Partei jetzt nicht auf, werden die nächsten Wahlgänge zu Rückzugsgefechten. Aufgrund einer mehr als durchwachsenen Bilanz des Präsidenten ist man diesmal halbwegs auf Augenhöhe geblieben. Die Republikaner sollten sich aber die Frage stellen, wie die Wahl angesichts besserer Wirtschaftsdaten ausgesehen hätte. Es wäre wohl ein Erdrutsch für Obama geworden.

3. Die Republikaner haben geeignete Kandidaten, die Öffnung der Partei einzuleiten, Senator Marco Rubio aus Florida etwa oder New Mexicos Gouverneurin Susana Martinez. Die Frage ist, ob man sie lässt. Statt der Neuorientierung droht wie bisher Obstruktionspolitik im Kongress und ein offener inner-republikanischer Bürgerkrieg. Der hat schon jetzt seine Opfer gefordert: Den Senat haben die Republikaner nicht erobern können, weil sich in den innerparteilichen Vorwahlen die Radikalen durchsetzten. Gegen die demokratischen Mitte-Kandidaten hatten diese dann beim allgemeinen Wahlgang keine Chance. Die Tea-Party-Bewegung hält die Partei in Geiselhaft. Aus dieser muss sie sich rasch befreien, um nicht als politische Sekte zu enden. Ein Blick über den Zaun zu den Demokraten hilft: Die haben die Occupy-Bewegung zwar sanft umarmt, ihr aber nicht die Partei überlassen.