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Der Druck auf China steigt

Von Klaus Huhold

Wirtschaft

Jüngste Bilanzen zeigen, dass der Handelsstreit immer massivere Auswirkungen auf die Volksrepublik hat. Dass die USA diesen schnell beenden wollen, kann bezweifelt werden.


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Peking. Die jüngsten Zahlen verheißen nichts Gutes für die chinesische Konjunktur. So ist der Absatz für Autobauer am weltweit größten Fahrzeug-Markt in den ersten zehn Monaten dieses Jahres um 0,1 Prozent auf, 22,97 Millionen Autos zurückgegangen. "Seit Juni fällt jeder Monat schlechter aus", sagte VW-China-Vorstand Jochem Heizmann am Donnerstag im Vorfeld der Automesse in der südchinesischen Stadt Guangzhou.

Aber auch andere Branchen können in China bei weitem nicht mehr so aufs Gas steigen wie früher. So hat die Nachrichtenagentur Reuters die Bilanzen von 1950 Unternehmen ausgewertet, die an den Börsen in Shanghai und Shenzhen notiert sind. Deren Gewinnwachstum brach im dritten Quartal auf im Schnitt 3,9 Prozent ein. In den zwei Jahren zuvor legten die Quartalsgewinne noch jeweils zwischen 20 und 55 Prozent zu.

Die Gründe dafür sind vielfältig: So hat der leichte Zugang zu Krediten das Wachstum der Unternehmen in den vergangenen Jahren in die Höhe schnellen lassen, doch funkt die Regierung seit einiger Zeit aus Sorge vor einer Überschuldung dazwischen.

Eine weitere Ursache für die schwächelnden Bilanzen -und wohl sogar der Hauptgrund - ist der Handelsstreit mit den USA. Dieser sorgt nicht nur für höhere Zölle: Die USA, die derzeit auch mit der EU über Autozölle verhandeln, haben bereits Einfuhrabgaben auf Waren aus China im Volumen von 250 Milliarden Dollar verhängt. Peking reagierte mit Strafzöllen auf US-Güter im Wert von 110 Milliarden Dollar. Der Konflikt hat auch Unsicherheit und eine äußerst getrübte Stimmung auf den Märkten ausgelöst.

Lieferketten ändern sich

China versucht deshalb nun offenbar gegenzusteuern. In Washington ist laut Medienberichten ein Brief eingelangt, in dem Peking Stellung zu den Vorwürfen bezieht, die ihnen US-Präsident Donald Trump macht: Dass China geistiges Eigentum stehle, zu viele Subventionen vergebe oder durch unfaire Praktiken seinen Handelsbilanzüberschuss mit den USA erzielt habe. Allerdings soll das Schreiben sehr allgemein gehalten sein und wenig konkrete Lösungsvorschläge beinhalten.

Es schaut also nicht nach einer raschen Beilegung des Handelsstreits aus. Fraglich ist auch, ob die USA das überhaupt wollen. So spekulieren US-Analysten darüber, dass das Handelsdefizit nur ein vorgeschobenes Argument sei, das Trump seinen Wählern gut verkaufen könne. Auf lange Sicht ginge es aber dem Weißen Haus vor allem darum, dass US-Firmen ihre Abhängigkeit von China verringern und anderswo ihre Lieferketten aufbauen - was auch schon geschieht. Wenn das stimmt, wird Trump den Handelskrieg noch länger am Köcheln halten.

Dieselbe Bewegung gibt es aber auch in die andere Richtung. So sind chinesische Telekomfirmen stark auf US-Hochtechnologie, etwa im Chipbereich, angewiesen. Diese Konzerne "werden wohl kaum noch einmal zehn Kooperationen eingehen, die sie von den USA abhängig machen", meint der Politologe Gordon Houlden, der das China-Institut der University of Alberta in Edmonton leitet. "China wird nicht viel darüber reden, aber es wird versuchen, neue Ketten aufzubauen, etwa in Asien und vor allem in China selbst," sagt Houlden der "Wiener Zeitung".

China ist neuer US-Feind

Trump kann in dem Konflikt auf breite Unterstützung zählen. Maßnahmen gegen China werden oft nicht nur von seinen Republikanern, sondern auch von den Demokraten unterstützt.

"In der US-Öffentlichkeit verfestigt sich immer mehr die Meinung, dass China eine Gefahr für die USA darstellt", sagt Houlden, der früher im diplomatischen Dienst Kanadas stand. "Auch wenn der Handelsstreit beigelegt wird, wird sich diese Haltung nicht ändern. Ich befürchte, dass das Risiko eines verschärften Wettbewerbes immer mehr steigt; wirtschaftlich, militärisch und kulturell."