Zum Hauptinhalt springen

Der Druck auf Europas Banken lässt nicht nach

Von Jan Schildbach

Gastkommentare

Ein schwieriges Jahr ist vorüber - ein schwieriges Jahr liegt vor den Banken.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Zu Beginn des neuen Jahres blickt die europäische Bankenbranche auf ein Jahr mit insgesamt solider Profitabilität zurück. Zugleich wird es für sie auch 2020 darum gehen, einen Rückgang der Erträge zu vermeiden und sich gegen Angriffe neuer Konkurrenten zu wehren. Die Neun-Monats-Ergebnisse aus dem Jahr 2019 der 20 wichtigsten Institute unterstreichen dieses gemischte Bild. Erträge und Kosten lagen auf dem Niveau des Vorjahres.

Das Wachstum des Zinsüberschusses beschleunigte sich weiter (plus 2,5 Prozent). Der Gegenwind aus negativen Zinsen und sinkenden Margen wurde durch das ebenfalls deutlich anziehende Volumenwachstum (unter anderem bei den Krediten) mehr als wettgemacht. Bei der Bilanzsumme betrug das Plus Ende September ganze 7 Prozent gegenüber Vorjahr, bei den Risikoaktiva 6 Prozent und beim Eigenkapital 5 Prozent.

Schwache Ertragskomponenten sind nach wie vor das Handelsergebnis (minus 15 Prozent) sowie der Provisionsüberschuss (minus 1 Prozent). Der bisherige Rückenwind einer abnehmenden Risikovorsorge hat sich in einen Gegenwind verwandelt (plus 14 Prozent). Der Gewinn nach Steuern ging um 15 Prozent zurück, allerdings von einem recht robusten Niveau aus - 2018 war das beste Jahr für europäische Banken seit der Finanzkrise.

Die Banken passen noch immer ihre Geschäftsmodelle an die neuen regulatorischen Rahmenbedingungen an. So stieg die Leverage Ratio um 0,2 Prozentpunkte auf durchschnittlich 4,9 Prozent. Gleichzeitig sank die harte Kernkapitalquote um 0,3 Prozentpunkte auf 13,5 Prozent. Eine Mindestliquiditätsquote (LCR) von 150 Prozent (plus 2 Prozentpunkte) zeugt von hoher Widerstandsfähigkeit, hat aber ihren Preis: Der Einlagenzinssatz der EZB liegt bei minus 0,5 Prozent; die Renditen an den europäischen Anleihemärkten sind häufig negativ.

Welche Themen stehen auf der Agenda der europäischen Banken im Jahr 2020 voraussichtlich ganz oben?

Auf jeden Fall die Stabilisierung und Steigerung der Erträge, die nominal immer noch unter dem Niveau vor der Finanzkrise liegen. Der Gegenwind durch negative Zinsen und schrumpfende Margen wird wahrscheinlich noch viele Jahre anhalten.

Die EU-Kommission wird voraussichtlich im Sommer Vorschläge zur Umsetzung von Basel III/IV in europäisches Recht veröffentlichen.

Die geopolitischen Risiken bleiben hoch.

Europas Wirtschaft ist immer noch schwach und anfällig für einen plötzlichen Einbruch.

Technologieunternehmen dringen zunehmend ins Kerngeschäft der Banken ein.

In diesem Umfeld lässt der Druck auf Europas Banken nicht nach. Es fehlt ihnen an Wachstumstreibern, und im Gegensatz zu ihren US-Konkurrenten bekommen sie Gegenwind von der Geldpolitik, Fiskalpolitik, Strukturpolitik und Regulierung. Andererseits sind die meisten europäischen Banken deutlich schlanker geworden. Sie investieren in neue Technologien, verfügen über eine starke Kapital- und Liquiditätsausstattung und sind wieder hinreichend profitabel. Dennoch stehen die europäischen Banken 2020 vor ähnlich großen Herausforderungen wie in den vergangenen Jahren.