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Der Druck auf Wiens Polizei-Präsident wächst: Peter Stiedl muss aufräumen

Von Werner Grotte

Analysen

Der "Rapport", zu dem Innenminister Günther Platter Wiens Polizeipräsident Peter Stiedl befahl, erinnert nicht nur formal an die militärische Vergangenheit des Ministers (der auch selbst Jahrzehnte lang Gendarm war). Er weiß, wovon er spricht. Nach dem x-ten Skandal in den Reihen der Wiener Polizeiführungsspitze ist es verständlich, wenn Disziplin und Moral der Truppe, aber auch die Führungsqualitäten Stiedls angezweifelt werden.


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FPÖ-Chef Heinz Christian Strache geht sogar noch weiter: Er ortet in Wien den "Luxus einer eigenen Bundespolizeidirektion" (er meint: zusätzlich zum Landespolizeikommando) mit quasi doppelten Strukturen samt Dienstmercedes und fordert dessen Abschaffung.

Strache vergisst allerdings, dass Wien nicht nur Stadt, sondern auch Bundesland ist, als solches aber über keine Bezirkshauptmannschaften verfügt. Diese sind in den anderen Bundesländern die Sicherheitsbehörden erster Instanz. Darüber stehen, wie auch in Wien, das jeweilige Landespolizeikommando sowie die Sicherheitsdirektion.

Es geht in erster Linie aber gar nicht um Zahlen- und Kompetenz-Zuordnungs-Spielereien: Die Teilung des Wiener Exekutiv-Apparates in Wachkörper und Amt ist bei der Fülle von Aufgaben absolut notwendig. In der Bundeshauptstadt passieren 36 Prozent aller Straftaten bundesweit, dafür stehen aber nur 8000 Polizeibeamte (davon 6500 im operativen Dienst) zur Verfügung, das ist gerade mal ein Viertel der bundesweiten Personaldecke.

Strache und andere sprechen auch von "Skandalen am Fließband". Aber gerade in einer Armee von 8000 Wiener Beamten nehmen sich die Zahlen überführter schwarzer Schafe bei aller Häufung in jüngster Zeit dennoch gering aus. Tatsächlich verurteilt wurde ja erst ein einziger - Hofrat Ernst Geiger. Das Berufungsverfahren läuft.

Und genau da spielt sich das Dilemma der Wiener Polizei ab: Die schon seit Jahren schwelenden Zwistigkeiten zwischen Geiger- und Horngacher-Fraktion haben zu endlosen Untersuchungs-Orgien vermeintlicher und echter Verfehlungen geführt, an denen sich sogar das gefürchtete BIA (Büro für interne Angelegenheiten) die Zähne ausbeißt. Es steht immer viel im Raum, aber kaum etwas entpuppt sich letztlich als wirklich greifbar.

Einige Vorkommnisse, etwa die ominösen Sperrlisten, auf denen dutzendweise Wiener Rotlichtlokale standen, die nicht kontrolliert werden durften, sind nach wie vor nicht aufgeklärt. Nimmt man dazu die neuen Videoaufnahmen, die einen leitenden Kriminalisten bei einer Unterwelt-Hochzeit zeigen, ergibt sich ein aufklärungsbedürftiges Bild von Verhaberung einiger Gesetzeshüter mit ihrer Klientel.

Und Landespolizeikommandant Karl Mahrer kann nicht viel mehr tun, als solche Leute zu suspendieren. Den Rest sollten interne Ermittler und Gerichte erledigen - in einer akzeptablen Zeit. Denn sonst ist es mit dem Image der Polizei für längere Zeit vorbei.