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Die Taliban sind nicht die einzigen Islamisten, die ihre Agenda mit Gewalt durchsetzen wollen.
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Der schnelle Fall von Kabul bedeutet für Dschihadisten den größten Sieg des Jahrzehnts. Bereits im Mai prognostizierte der Nahost-Experte Guido Steinberg einen Wiederaufstieg der Terroristen in Afghanistan: Das könnte Signalwirkung für Dschihadisten weltweit haben, meinte er gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Der Siegeszug der Taliban mache aus Afghanistan ein Mekka für Extremislamisten und aus den Taliban das neue Gesicht des Islamismus.
Deren zielorientierte Vorgehensweise wird zweifelsohne anderen radikalen Bewegungen als Vorbild dienen. Grund zur Freude ist es allemal - unter anderem für die Hamas. Die radikalislamische Palästinenserorganisation hat den Vormarsch der Taliban zum Anlass genommen, herzlichst zu gratulieren: "Wir beglückwünschen die Taliban-Bewegung und ihre mutige Führung zu diesem Sieg, der den Höhepunkt ihres langen Kampfes in den letzten 20 Jahren darstellt", schreibt sie in einer Stellungnahme. Weiters wünscht sie dem "afghanischen Volk und seiner Führung Einheit, Stabilität und Wohlstand".
Die Hamas selbst scheint sich gerade wirtschaftlich neu zu orientieren: in der Süßwarenbranche. Erst vergangene Woche hat Israel wegen des Verdachts der Terrorfinanzierung 23 Tonnen Schokolade auf dem Weg in den Gazastreifen beschlagnahmt. Mit dem Gewinn wollte die Hamas ihre Terroraktivitäten finanzieren, hieß es aus dem israelischen Verteidigungsministerium.
Mit Lösegeld als Finanzierungsmodell versucht es wiederum die nigerianische Boko Haram. 2014, 2020 und 2021 verschleppte sie hunderte Schulkinder. Ziel dieser Entführungen sei es auch, "den Islam zu stärken" und das westlich geprägte Schulsystem zu schwächen. Anfang August wurde ein 2014 entführtes Mädchen - und mittlerweile zweifache Mutter - freigelassen, es befindet sich nun in medizinischer und psychologischer Betreuung.
Hilfe unter Terroristen
Die Position der Boko Haram war in den letzten Monaten stark geschwächt, weshalb der politische Druck auf die Dschihadisten auch zunahm. Der langjährige Anführer Abubakar Shekau soll sich im Frühling selbst getötet haben, um einer Gefangennahme zu entgehen - sein Nachfolger spricht von einer Ermordung durch rivalisierende Terroristen. Ob der geplante Abzug französischer Truppen aus Afrika - analog zu Afghanistan - einen Zulauf für die Islamisten mit sich bringt, ist noch offen.
Ruhiger geworden ist es unterdessen um die Truppen des IS. Die Terrormiliz, die auch für den Anschlag in Wien im November 2020 verantwortlich sein soll, wurde aus vielen irakischen und syrischen Gebieten vertrieben. Ausgelöscht ist sie trotzdem nicht: Der Islamische Staat ist im Untergrund immer noch aktiv und rekrutiert weiterhin neue Anhänger - und ist dabei nicht unkreativ. In den sozialen Medien wird um junge Leute geworben, die sich der Bewegung anschließen wollen. Erst im Juli zündeten die Dschihadisten einen Sprengsatz auf einem Markt in Bagdad, der 30 Menschenleben forderte. Die Wochenzeitung "The Spectator" vermutet, dass im südasiatischen Raum IS-Anhänger zu den Taliban überlaufen werden.
Die weltweit operierende Al Kaida wiederum hatte lange Zeit Quartiere am Hindukusch, auch den Anschlag am 11. September 2001 plante sie unter dem Schutz der Taliban. Der Taliban-Führer Haibatullah Achundsada schaffte es erst, seine Position zu sichern, nachdem er von Al Kaida Unterstützung erhalten hatte. Im Vorjahr ermordete die Al Kaida einen Zahnarzt, der angeblich ein Regierungsspion war und bei US-Drohnenangriffen auf die Al Kaida geholfen haben soll. Als Warnung für andere kreuzigten die Islamisten seinen Leichnam vor seiner Arztpraxis.