Rebellenchef Prabhakaran und seine Kader sollen tot sein. | Der Grundkonflikt zwischen Tamilen und Singhalesen ist weiterhin ungelöst. | Neu Delhi. Wenn Sri Lankas Präsident Mahinda Rajapake heute, Dienstag, vor dem Parlament in Colombo feierlich das Ende des über 25-jährigen Bürgerkrieges über die Tamil Tiger erklären kann, ist das der Augenblick, von dem er lange geträumt hat. Die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) sind geschlagen. Bis zum bitteren Ende hatten sich LTTE-Chef Velupillai Prabhakaran und seine Truppe in einem schmalen Dschungelstreifen im Nordosten der Tropeninsel verschanzt. Prabhakaran soll auf der Flucht erschossen worden sein. Fernsehsender in Sri Lanka zeigten die Leichen seines Sohnes, Charles Anthony, und anderer hoher LTTE-Führer.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Prabhakaran hatte seinen Totengräber selbst eingeladen. Er sorgte dafür, dass der liberale Präsident Ranil Wickremasinghe im November 2005 die Wahl gegen Hardliner Rajapake verlor, indem er die Wahl von den Tamilen boykottieren ließ. Prabhakaran spekulierte darauf, dass ein Anti-Friedensverfechter in Colombo seiner Sache nur dienlich wäre. Der unerbittliche Kriegskurs und die massiven Menschenrechtsverletzungen der Regierung brachten zwar viele Hilfsorganisationen auf den Plan, doch die internationale Gemeinschaft hielt sich in Zeiten des globalen Anti-Terrorkampfes lieber vornehm zurück.
Prabhakarans Kalkül ging aber nicht auf. Er und seine Organisation wurden geschlagen. Dennoch fürchtet man in Colombo Rache-Anschläge von untergetauchten Kämpfern.
Unerbittliche Tiger
Die Tamil Tiger haben in der Vergangenheit immer wieder ihre Entschlossenheit zum Äußersten gezeigt. Die Organisation, die als erste Selbstmordattentate als Kampfmittel nutzte, gilt als eine der brutalsten Guerillatruppen der Welt. Trotz ihrer seit Wochen ausweglosen Lage hat sie nicht kapituliert, um ihrem eigenen Volk größeres Leid zu ersparen. Stattdessen wurden Kinder für den sinnlosen Endkampf zwangsrekrutiert und unschuldige Zivilisten als menschliche Schutzschilde geopfert.
Mit dem Tod von Prabhakaran und der LTTE-Führung bricht ein düsterer Frieden in Sri Lanka an. Denn der Grundkonflikt zwischen den Tamilen und den Singhalesen auf der Tropeninsel bleibt ungelöst. Tausende sitzen in Flüchtlingscamps, die mehr Gefängnissen als Notlagern gleichen. Die Menschen haben nach dem Ende der LTTE keine Fürsprecher.
Der ein Vierteljahrhundert dauernde Konflikt hat die moderaten Kräfte auf beiden Seiten geschwächt. Sri Lanka hat nach dem Ende des Bürgerkrieges eine aufgeblähte Armee von fast 200.000 Soldaten, die - an Geld und neue Waffen gewöhnt - nun praktisch arbeitslos sind. Der Sieg der Hardliner hat singhalesische Extremisten beflügelt.
Die Niederlage der "Tiger" ist für die Regierung und die singhalesische Mehrheit auf der Urlaubsinsel ein großer Triumph. Präsident Rajapakse wird vermutlich bald Neuwahlen ansetzen, um sich an der Wahlurne für seinen Sieg belohnen zu lassen. Die Großwetterlage sieht so nicht gerade freundlich für die Sache der Tamilen aus.
Rajapakse spekuliert darauf, dass nach dem Kriegsende die Hilfsgelder für das Tropenparadies wieder großzügig fließen werden und Sri Lankas Wirtschaft wieder stabilisiert wird. Inflation, hohe Schulden, eine schwächelnde Währung und der Niedergang der Tourismus-Industrie haben dem Land schwer zugesetzt.
Doch um den Konflikt zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen auf der Insel dauerhaft zu lösen, taugen Hilfsgelder allein nicht. Das so grausame Ende des Krieges hat eine Atmosphäre des Misstrauens und der Angst geschaffen. Es ist zu hoffen, dass die internationale Gemeinschaft, die sich während des Krieges zurückgehalten hat, nun ihre Hilfe an konkrete Zugeständnisse für die tamilische Minderheit knüpft.