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Mit dem Abbruch der Koalitionsverhandlungen am Montag seitens der ÖVP ist die Stimmungslage zwischen Volkspartei und SPÖ auf einem Tiefpunkt angelangt. Nur in einem waren sich die Parteien einig: Jetzt sei Bundespräsident Heinz Fischer am Zug.
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Doch was kann der Bundespräsident tun, außer zu versuchen, die Stimmung wieder zu heben? Die Polit-Akteure wissen, dass der höchste Mann im Staat nur eingeschränkt agieren kann. Besser gesagt: Gegen eine Mehrheit im Nationalrat kann er gar nichts tun.
ÖVP und SPÖ versuchen demnach ihre Verantwortung für Neuwahlen anzubringen. Fischer ist damit in einem Eck, in das er gar nicht hin gehört: Eine Mehrheit zu suchen, ist nicht die Aufgabe des Bundespräsidenten.
In der Verfassung von 1929 wurde die Rolle des Staatsoberhauptes - entgegen der ursprünglichen Verfassung von 1920 - auf Wunsch der ÖVP aufgewertet. Wirklich Einfluss nehmen konnte der Bundespräsident im Jahr 1953. Die damaligen Wahlen zum Nationalrat entschied ganz knapp die Volkspartei für sich. ÖVP-Parteiobmann Julius Raab wollte damals eine Koalition mit der VdU (Verband der Unabhängigen), der Vorläuferpartei der FPÖ, schließen. Der damalige Bundespräsident Theodor Körner befand die Blauen jedoch als nicht staatstragende Partei und drohte Raab damit, den Regierungsbildungsauftrag der SPÖ zu geben. Die ÖVP lenkte ein und koalierte mit den Sozialdemokraten.
Bei der Nationalratswahl 1970 konnte sich SPÖ-Chef Bruno Kreisky zu keiner Koalition mit der ÖVP durchringen. Bundespräsident Franz Jonas nahm den Auftrag zur Bildung einer Koalitionsregierung von Kreisky zurück und beauftragte ihn stattdessen mit der Bildung eines Minderheitskabinetts. Dieses wurde von der FPÖ geduldet.
Weniger erfolgreich war Bundespräsident Thomas Klestil: 1999/2000 wollte die ÖVP mit der FPÖ eine Koalition schließen - was Klestil nicht gerne sah, da die FPÖ sowohl im Inals auch im Ausland heftigst kritisiert wurde. Klestil konnte nicht, wie Körner damals, eine schwarz-blaue Regierung verhindern, sondern musste sich der parlamentarischen Mehrheit fügen - und scheiterte.
Wenn es also hart auf hart geht, setzt sich die Parlamentsmehrheit durch. Die Frage stellt sich daher, ob es Sinn macht, dem Bundespräsidenten, der in erster Linie eine repräsentative Rolle zu erfüllen hat, Rechte zu geben, die er ohnehin nicht wirklich ausüben kann.
Ein weiteres Beispiel für eine prekäre Situation, in die der Bundespräsident kommen kann: Fischer ist als Bundespräsident laut Verfassung auch Oberbefehlshaber des Bundesheeres. In dieser Funktion hat er den Eurofighter-Vertrag zugesandt bekommen - ohne recht zu wissen, was er eigentlich damit anfangen soll.
Sind die Rechte des Präsidenten veraltet oder ausbaubar? Die nächste Regierung könnte sich diese Frage stellen. Ein zu starkes Drängen Fischers zu einer bestimmten Koalition könnte die Überlegungen der Parteien über seine künftige Rolle - auch zu seinem Nachteil - beeinflussen.