Gesundheitsminister Anschober verschiebt den Start trotz Vorbehalte des Datenschutzrats nicht. Rechnungshof beklagt auch fehlende Finanzierung.
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Wenn es nach Gesundheits- und Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) geht, dann wird es noch im heurigen Jahr zur Umsetzung des elektronischen Impfpasses in Form eines Pilotprojekts in mehreren Bundesländern kommen. Der Datenschutzrat hatte, wie in der Vorwoche berichtet, massive Bedenken im Zuge der Gesetzesbegutachtung geäußert wegen datenschutzrechtlicher Fragen. "Wir werden die Bedenken einarbeiten", versicherte Anschober im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Der elektronische Impfpass soll vor allem bei Jugendlichen dazu beitragen, dass mehr Menschen sich impfen lassen und damit der Ausbruch von Krankheiten wie Masern von vorneherein verhindert wird.
Vorbereitungen laufen
Grundlage für die Einführung des elektronischen Impfpasses ist das Gesundheitstelematikgesetz. Ein Entwurf dazu ist noch von Anschobers Amtsvorgängerin im Gesundheitsministerium, Brigitte Zarfl, die im Beamtenkabinett Bierlein das Gesundheits- und Sozialministerium geführt hat, in Begutachtung geschickt worden. Daraufhin hat der Datenschutzrat gleich in mehreren Punkten seine Einwände vor allem wegen datenschutzrechtlicher Bedenken geäußert. Anschober möchte dennoch die Gesetzesvorlage in den Ministerrat und dann weiter in den Nationalrat bringen, wie er erläuterte. Ziel sei der Start noch heuer im Rahmen des vorgesehenen Pilotprojekts, das vorerst in Wien, Niederösterreich und in der Steiermark anlaufen soll. Die technisch-organisatorischen Vorbereitungen für das Pilotprojekt seien bereits im Laufen, wird im Gesundheitsministerium betont.
Allerdings kommen vonseiten des Rechnungshofes auch finanzielle Einwände ins Spiel. Das Kontrollorgan bezieht sich vor allem darauf, dass nach der Phase als Pilotprojekt zwei Jahre lang die Ausweitung auf ganz Österreich für den elektronischen Impfpass vorgesehen sei. Das erste Jahr im Vollbetrieb für den elektronischen Impfpass ist laut dem Gesetzesentwurf zum Gesundheitstelematikgesetz für das Jahr 2023 vorgesehen. Der Rechnungshof wies in seiner Stellungnahme im Zuge der Begutachtung allerdings "kritisch" darauf hin, "dass bisher nur die Finanzierung beziehungsweise Kostentragung für die bis Ende 2020 laufende Pilotphase vereinbart und beschlossen wurden und die Kostenschätzung daher nur für diese Pilotphase auf gesicherten Daten beruht". Hingegen handelt es sich bei der Ausweitung danach um eine Art finanziellen Blindflug. Denn die Angaben dazu würden nur auf "Annahmen" zu einer möglichen künftigen gemeinsamen Finanzierung" des elektronischen Impfpasses beruhen. Was der Rechnungshof nicht ausdrücklich erwähnt, aber worauf er anspielt, ist der Umstand, dass im Gesundheits- und Sozialbereich vielfach Bund, Länder, Gemeinden und teils auch die Sozialversicherung in die Finanzierung eingebunden sind. Fixe Regelungen, wer wofür zahlt, sind deswegen meist nicht einfach zu erzielen.
Federführung noch unklar
Im Gesundheitsministerium gibt man sich auf Anfrage dazu jedoch betont zuversichtlich und sieht darin kein Hindernis für eine Einführung des elektronischen Impfpasses. "Der Kostenrahmen für das Pilotprojekt ist gesichert und wird nach derzeitigem Informationsstand eingehalten", teilte Anschobers Ressort mit. Freilich musste man zur Folgephase einräumen: "Fragen zum Rollout und zur Finanzierung werden auf Basis einer begleitenden Evaluierung des Pilotprojekts geklärt werden."
Allerdings gibt es auch bezüglich der Umsetzung des elektronischen Impfpasses noch Revierkämpfe. Der neue Dachverband der Sozialversicherungsträger will nämlich nicht einfach hinnehmen, dass mit einem zentralen Punkt das Bundesrechenzentrum beauftragt werden soll. "Aus Sicht des Dachverbandes sollte auch im Vollbetrieb des E-Impfpasses der Betrieb, die Wartung und die technische Weiterentwicklung dem Dachverband beziehungsweise der ITSV (EDV-Einrichtung der Sozialversicherung, Anm.) als Auftragsverarbeiter obliegen. Eine Reihe von Gründen spricht für diese Sichtweise", wird in der Stellungnahme reklamiert.
Vor allem habe die Sozialversicherung ihre Kompetenz bei der Umsetzung der E-Card und der elektronischen Gesundheitsakte (Elga) bereits unter Beweis gestellt, betont der Dachverband der Sozialversicherungsträger.
Mehrkosten befürchtet
Der Gemeindebund, der mit dem Gesundheitsministerium seit längerem wegen der Neuregelung für Schulärzte im Clinch liegt, begrüßt zwar grundsätzlich das Vorhaben eines elektronischen Impfpasses, um Impfungen besser zu dokumentieren. Allerdings werden vom Gemeindebund rechtliche und organisatorische Bedenken gegen Schutzimpfungen durch Schulärzte bekräftigt.
Der Städtebund äußert massive Einwände gegen die Einführung des elektronischen Impfpasses. Diesbezüglich werden aufgelistet: ein deutlich höherer Dokumentationsaufwand für Ärzte; administrative Erschwernisse bei großen Impfaktionen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung durch "fliegende Impfteams"; "Erhöhung der Bürokratie ohne merkliche Wirkung für die PatientInnen". Außerdem stünden die "befürchteten Mehrkosten für Krankenhäuser, Pflegeheime und alle Gesundheitsdiensteanbieter keineswegs in Relation zum marginalen Nutzen".