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Der Energiebedarf steigt langsamer

Von Helmut Dité

Wirtschaft

Zuwachs bei Kohle am stärksten. | OECD-Länder mit sinkendem Ölbedarf. | Wien. Die Verbraucher beginnen auf die Rekordpreise für Energie zu reagieren: Bei einem weltweiten Wirtschaftswachstum von 3,7 Prozent verlangsamte sich das Wachstum des Primärenergieeinsatzes auf 2,4 Prozent, geht aus der am Mittwoch in Wien präsentierten 57. "Statistical Review of World Energy" des britischen Energieriesen BP hervor. Vor allem in den OECD-Ländern ist die Verknüpfung von BIP-Wachstum und Energieverbrauch entkoppelt. Während der globale Ölverbrauch 2007 um 1,1 Prozent anstieg, gab er in den OECD-Staaten um 0,9 Prozent nach - der stärkste Rückgang seit dem Jahr 1983.


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Weltweit erwartet BP-Experte Kevin Goodwin für 2008 nur mehr einen Anstieg der Ölnachfrage um rund 500.000 Barrel pro Tag, halb so viel wie noch im Vorjahr. Und so, wie Anfang 2007 der Ölpreis - damals bei 50 Dollar - nach den Förderkürzungen der Opec in die Höhe zu schießen begann, so könnte er nach den jetzt angekündigten Fördererhöhungen Saudi-Arabiens mittelfristig auch wieder sinken.

"Die Märkte haben sehr wohl rational reagiert, man ist wo immer möglich auf Primärenergieträger umgestiegen, die nicht so stark teurer wurden wie das Öl, etwa auf Gas und Kohle."

Kohle war 2007 das fünften Jahr in Folge der Primärenergieträger mit der stärksten Zuwachsrate - fast die Hälfte des gesamten weltweiten Energieeinsatzwachstums entfiel auf Kohle. Fast drei Viertel des gesamten Kohle-Wachstums entfielen auf China.

Dass die historisch hohen Ölpreise - bei ausreichendem Angebot - lediglich auf Finanzspekulationen zurückgehen, glaubt man bei BP nicht: "Die Finanzinvestoren können einen Trend nur aufschaukeln, nicht selbst setzen."

Und der Trend sei eben weiterhin stark steigender Energiebedarf in China, Indien und den Schwellenländern sowie stärkerer Eigenverbrauch der Ölexporteure. Besonders stark steigt der Verbrauch in den subventionierten Märkten: "90 Prozent des gesamten Nachfragezuwachses kam 2008 aus diesen Ländern, die für ihre Industrialisierung vor allem sehr viel mehr Strom brauchen."

Keine Sorgen wegen baldigem "peak-oil"

Dass die Ölpreise wie nach dem letzten beiden Hochpreisphasen Anfang der 70er- und Anfang der 80er--Jahre mittelfristig wieder sehr stark sinken könnten, glaubt Goodwin aber eher nicht. Zwar seien die zuletzt oft als Preistreiber beschworenen Engpässe bei den Raffinerien weitestgehend abgebaut und es werde auch keine Versorgungslücken geben - die aktuellen Reserven bei Öl reichen für 42 Jahre, wenn der Verbrauch so hoch bleibt wie 2007.

Bevor der viel beschworene "peak-oil" - der Höhepunkt der Ölförderung - erreicht ist, werde man schon den "peak-demand" überschritten haben, den Höhepunkt der Nachfrage, meint Goodwin.

Aber es werde zunehmend kostenintensiver, Öl zu fördern. Und, vielleicht noch gravierender: Während die Produktion in den OECD-Ländern zurückgeht, liegen die weitaus größten Ölreserven in Ländern, die ihre Ressourcen nicht frei zugänglich machen. "Mit anderen Worten, wenn es darum geht, mehr Öl zu fördern, liegen die Probleme über der Erde, nicht darunter - sie sind nicht geologischer, sondern politischer Natur."

Die Rekord-Ölpreise - auch inflationsbereinigt liegen sie mittlerweile fast 30 Prozent über dem Höchststand von 1979 - zeigen nun auch Wirkungen an den österreichischen Tankstellen.

Her um fünf Prozentweniger Benzin

Bis Ende Mai ist die Nachfrage nach Benzin um 5 Prozent gesunken. Im Juni sei der Verbrauch noch weiter zurückgegangen, sagte BP Austria-Chef Hans Strassl. Bei Diesel gab es einen kleinen Zuwachs um rund ein Prozent, was vor allem an den gestiegenen Lkw-Transportleistungen liegt. "Wir merken, dass sowohl Geschäftskunden und Private sich zunehmend anstrengen, ihre Energieeffizienz zu verbessern und bewusster und weniger Auto zu fahren, so Strassl.

Ähnliche Zahlen hatte BP bereits aus den USA gemeldet: War der Benzinverbrauch dort im Mai 2006 bei Preisen von 2,30 Dollar pro Gallone noch um 100.000 Fass pro Tag (b/d) höher gewesen als ein Jahr zuvor, lag er im Mai 2008 - die Preise waren inzwischen auf mehr als drei Dollar gestiegen - um 140.000 b/d niedriger.