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"Der entstandene Eindruck ist fatal"

Von Walter Hämmerle

Politik
Spitzen-Jurist Ludwig Adamovich: Politische Klugheit darf nicht in Opportunismus umschlagen. Foto: Wiener Zeitung/Urban

Adamovich: "Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass leitende Beamte den Mund halten müssen." | Aber auch Minister hat Recht auf Mitarbeiter, denen er vertraut. | "Wiener Zeitung": Im Beamtendienstrecht heißt es: "Ich gelobe, dass ich die Gesetze der Republik Österreich befolgen und alle mit meinem Amt verbundenen Pflichten treu und gewissenhaft erfüllen werde." Hat der abberufene Generalstabschef Edmund Entacher gegen diese Pflichten mit seiner Kritik an den Plänen für eine Abschaffung der Wehrpflicht verstoßen? | Ludwig Adamovich: Ich kenne die Details des Falles nicht und natürlich gibt es auch die Bestimmungen der allgemeinen Dienstpflichten eines Beamten.


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Andererseits, und das darf man auf keinen Fall übersehen, ist auch ein Beamter Träger von Grundrechten; auch ihm steht das Recht auf Kritik zu, soweit diese in sachlicher Art und Weise geäußert wird. Der Verfassungsgerichtshof hat das auch so bestätigt.

Verteidigungsminister Norbert Darabos beruft sich darauf, dass das Vertrauen zu seinem Generalstabschef nicht mehr gegeben war.

Ich bin dafür, diese Frage nicht über Gebühr zu verkomplizieren. Natürlich hat ein Minister das Recht auf Mitarbeiter, denen er vertraut. Aber ein Beamter ist in einem demokratischen Rechtsstaat mehr als ein bloßer Befehlsempfänger. Er hat sogar die Pflicht, seine Bedenken öffentlich zu machen, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass Unrechtmäßiges geschieht. Wir leben nicht mehr in einem Obrigkeitsstaat. Natürlich kann es aber Spannungen geben, wenn das Vertrauen zwischen einem Minister und seinem leitenden Beamten gestört ist. Es sollte jedoch nicht der Eindruck entstehen, dass eine öffentlich geäußerte Kritik zum Anlass genommen wird, jemanden von seinem Amt zu entbinden. Das Recht auf sachliche Kritik muss gewährleistet bleiben. Dass gewisse Medien hier dann von "Sabotage" sprechen, ist wirklich schauderhaft.

War es zulässig, dass Entacher von sich aus den Weg in die Medien angetreten ist, hätte er seine Kritik als loyaler Beamter nicht intern formulieren müssen?

Auch Beamte haben das Recht, sich an die Medien zu wenden - so lange sie sachlich bleiben. Dass sich Entacher damit nicht beliebt macht und auch das Vertrauensverhältnis zu seinem Vorgesetzten beschädigt, ist eine andere Frage. Es darf aber nicht sein, dass der Eindruck entsteht, dass leitende Beamte den Mund halten müssen, ansonsten haben sie Konsequenzen zu befürchten.

Ist dieser Eindruck für Sie im gegenwärtigen Fall entstanden?

Ja, der ist für mich tatsächlich entstanden.

Sie kritisieren den Verteidigungsminister, aber war aus dessen Sicht das Arbeitsverhältnis nicht tatsächlich bleibend zerrüttet?

Natürlich ist auch die Reaktion des Ministers irgendwie verständlich, es sieht ja in einem solchen Fall auch das Beamtendienstrecht die Möglichkeit vor, den Betreffenden an anderer Stelle zu verwenden. Aber entscheidend beim Eindruck, der in diesem Fall entstanden ist, waren ja die Vorgeschichte und die medialen Äußerungen, die auf die öffentliche Kritik Entachers in den letzten Tagen folgten. Dadurch wurde dieses fatale Bild erst geschaffen. Das ist meine Kritik. Schwarz-Weiß-Malerei ist hier nicht am Platz, weder stimmt das Bild vom "guten Minister, bösen General" noch umgekehrt. Persönlich hätte ich mir gewünscht, dass man einen Ausweg findet, der weniger hässlich aussieht. Schließlich kann man dem Minister nicht das Recht auf eine andere Dienstverwendung des Beamten absprechen.

Losgelöst vom konkreten Fall, wie beurteilen Sie das Verhältnis zwischen Beamtenschaft und politischer Führung?

Man muss drei Dinge unterscheiden: Erstens die Loyalitätspflicht der Beamten, die zweifellos besteht; hinzu kommt noch das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben. Zweitens das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, das natürlich auch für Beamte gilt. Und drittens ein gewisses Maß an politischer Klugheit, sich nicht mit seinen Vorgesetzten anzulegen. Aus meiner Sicht ist es das zentrale Problem, die Grenze zu ziehen, wo diese Klugheit in Opportunismus umschlägt. Wenn das nicht gelingt, geraten die Fundamente des Rechtsstaats ins Wanken.

Ludwig Adamovich, geboren 1932 in Innsbruck, war von 1984 bis 2002 Präsident des Verfassungsgerichtshofes. Er berät Bundespräsident Heinz Fischer in verfassungsrechtlichen Fragen.