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Der erste "Feuersturm" zerstörte vor 70 Jahren Köln

Von Clemens M. Hutter

Gastkommentare
Clemens M. Hutter war Ressortchef Ausland der "Salzburger Nachrichten".
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Der Bombenkrieg eskalierte binnen 34 Jahren von "Knallkörpern" auf Beduinen über Guernica zu den Katastrophen von Hiroshima und Nagasaki.


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In der Nacht auf den 31. Mai 1942 Uhr verwandelten 1047 britische Bomber Köln in einen brennenden Trümmerhaufen. Es war der erste "1000-Bomber-Angriff" der Geschichte. Erst fielen Sprengbomben und hinterher Brandbomben, die "Feuerstürme" auslösten. Das ahnte der italienische Leutnant Giulio Cayotti nicht, als er im Krieg um die Cyrenaika am 1. November 1911 mit je zwei Zwei-Kilo-Bomben auf zwei Oasen bei Tripolis den ersten Luftangriff der Geschichte führte. Diese überdimensionierten "Knallkörper" lösten zwar nur Schrecken unter Zivilisten aus, aber der italienische General Giulio Douhet erkannte die strategische Bedeutung der Flugzeuge. 1921 stellte er in seinem Aufsehen erregenden Buch "Luftherrschaft" Bombenangriffe auf zivile und industrielle Ziele als unvermeidliche Mittel der Kriegführung dar. Im spanischen Bürgerkrieg (1936 bis 1939) nutzte Adolf Hitler die Chance zu einer Bewährungsprobe der Luftwaffe. Er sprang Franco mit der "Legion Condor" bei, die am 26. April 1937 mit der "Operation Feuerzauber" die baskische Stadt Guernica zerstörte - es war das erste Flächenbombardement der Geschichte. Nach dem Sieg über Frankreich im Juni 1940 versuchte Hitler vergeblich, das "germanische" England auf seine Seite zu ziehen. Also begannen am 10. Juli die Luftangriffe auf englische Flugfelder und Städte. Am 14. November 1940 zerstörte die Luftwaffe in einem Flächenbombardement die Stadt Coventry. Propagandaminister Joseph Goebbels drohte den Briten an, weitere Städte zu "coventrieren". Aber der "Blitz" auf London brach keineswegs die Moral der Briten, sondern bewirkte das Gegenteil: Widerstandwillen aus Hass auf die Deutschen. Schon seit Sommer 1940 griffen britische Bomber die Industriezentren im Ruhrgebiet und sogar Berlin an. Gleichwohl zog London keine Lehre aus dem gescheiterten Versuch der Deutschen, die Moral durch Terrorangriffe zu brechen. Am 22. Jänner 1942 kündigte Luftmarschall Arthur Harris an, er werde deutsche Städte derart zerbomben, dass die Deutschen kapitulieren und um Gnade winseln müssten. Auf Deutschland regnete es Flugzettel: "Wir bombardieren eine Stadt nach der anderen, um euch die Fortführung des Krieges unmöglich zu machen." Zwei Dutzend deutsche Großstädte gingen in "Feuerstürmen" unter. Hitlers Vergeltung mit Raketen erwies sich als blanker Terror ohne strategische Auswirkung. Vor allem aber brachen Harris’ Flächenbombardements nicht die Moral der Deutschen. Erst im Mai 1944 flogen die Alliierten die strategisch entscheidenden Großangriffe auf Raffinerien und Hydrierwerke. Binnen Tagen fiel die deutsche Treibstoffproduktion von täglich rund 7000 auf 120 Tonnen. Das war die Querschnittslähmung der deutschen Kriegsmaschine.

Als Japan 1925 seinen Angriff auf China begann, pries Kriegsminister Yukio Ozuki Douhets strategisches Konzept: "Durch Luftangriffe kann man Millionen Zivilisten in großen Städten erschlagen. Der Sieg lässt sich rasch erreichen, wenn man den Feind demoralisiert, indem man rücksichtslos alle Zivilisten tötet." 20 Jahre später widerfuhr just dies Japan in Hiroshima und Nagasaki.