Mexiko - Die Ausdauer von Vicente Fox hat sich ausgezahlt. Als der jetzt gewählte erste mexikanische Präsident aus dem Oppositionslager vor drei Jahren seine Kandidatur anmeldete, wurde er überall ausgelacht. Noch nie hatte sich ein Kandidat so früh festgelegt. Und bisher war auch noch nie ein Quereinsteiger im verkrusteten politischen System Mexikos erfolgreich.
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So wurde der 58-Jährige im Wahlkampf wegen seiner Herkunft von den einen als daher gelaufener Cowboy, von den anderen als Gringo-Manager verspottet. Aufgewachsen auf einem Bauernhof im kleinen Bundesland Guanajuato, studierte Fox in der Hauptstadt und arbeitete sich danach bei Coca-Cola die Karriereleiter hoch - bis zum Verantwortlichen für das gesamte Mittelamerika-Geschäft des US-Konzerns.
Die Politik entdeckte Fox erst 1987. Schon im Jahr darauf wurde er für die Nationale Aktionspartei (PAN) in den Kongress gewählt. 1991 verlor er die Gouverneurswahl in Guanajuato - die Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) sicherte sich damals die Macht noch mit den üblichen Manipulationen. Doch Fox blieb standhaft und profitierte vom langsamen demokratischen Reformprozess der PRI: 1995 wurde er doch noch Gouverneur von Guanajuato und ging nun daran, auch im ganzen Land für einen Wechsel zu werben. "Jeden Tag werden wir mehr und mehr!" rief der 57-Jährige in seinen meist frei gehaltenen Wahlkampfreden aus, zu denen er auf dem Land meist in seinen obligatorischen Cowboystiefeln erschien. Im Gespräch mit Wirtschaftskreisen aber präsentierte er sich als Selfmade-Mann und erfolgreicher Manager.
In den drei Jahren nach der frühen Anmeldung seiner Kandidatur verbrachte er fast jedes Wochenende damit, auf dem Land umher zu reisen. Sein Unterstützerverein, die "Amigos de Vicente Fox" warb tausende von Mitgliedern und sammelte Millionen von Pesos für den Wahlkampf. Fox baute so ein Gegengewicht zum eingespielten Parteiapparat der PRI auf und startete eine massive Werbekampagne im Radio, im Fernsehen und auf Plakatwänden.
Auch den Kandidaten der sozialdemokratischen PRD, Cuauhtemoc Cardenas, hätte er gern auf seine Seite gezogen, doch die politischen Unterschiede der konservativen PAN zur Partei der Demokratischen Revolution sind weit größer als zur PRI. Da Cardenas, dem 1988 der zum Greifen nahe Wahlsieg nur durch eine höchst fragwürdige "Computerpanne" bei der Stimmauszählung genommen wurde, das Werben von Fox um eine gemeinsame Oppositionsfront ausschlug, verstärkte Fox zum Schluss des Wahlkampfs seine Attacken gegen die PRD.
Dass Fox eine Regierung leiten kann, hat er in Guanajuato gezeigt. Dort war er so klug, den Apparat der PRI nicht völlig umzustürzen, sondern die Bürokraten in seine eigene Regierung einzubinden. Auch als Präsident Mexikos will er Politiker anderer Parteien sowie parteilose Fachleute mit Aufgaben im Kabinett betrauen. Manche befürchten, dass Fox eine technokratische, sprunghafte Regierung ohne rechten Gestaltungswillen führen könnte. "Fox scheint sehr leicht zu beeinflussen zu sein", sagt die PAN-Expertin am Colegio de Mexico, Soledad Loaeza. "Er ist offenbar bereit, diejenige Meinung zu übernehmen, die gerade die passendste zu sein scheint."